Wars das? Soll ich meinen Traum begraben? Es sind Fragen, die sich Skirennfahrerin Charlotte Chable (25) derzeit stellt. Vor kurzem erlitt sie ihrem vierten Kreuzbandriss. «Früher war für mich nach jeder Verletzung klar: so höre ich nicht auf. Jetzt bin ich mir nicht sicher, ob ich diese Kraft nochmals aufbringe.»
Dabei fühlte sich Chable noch vor wenigen Wochen pudelwohl. «Ich war so gut in Form wie noch nie», erzählt die Slalom-Spezialistin aus Villars-sur-Ollon VD. Dann passierte der Unfall beim Gletscher-Training. «Ich wusste sofort, dass es schlimm war.»
«Vielleicht ist mein Körper nicht fürs Skifahren gemacht»
Am letzten Freitag wurde die Technikerin operiert. Weil es kaum Ersatzmaterial in ihrem Körper gibt, wurde ihr eine fremde Sehne transplantiert. «Die Schmerzen sind erträglich», sagt Chable heute und meint ihr körperliches Leiden. Ihre seelische Schmerzen sind ungleich grösser, sie musste zuletzt oft weinen. Noch hält sich Chable offen, ob sie weitermacht. Erst in sieben Monaten will sie sich entscheiden. Spricht man mit ihr, fällt der Glaube an ein weiteres Comeback schwer.
«Es ist ein Alptraum. Aber vielleicht ist mein Körper einfach nicht fürs Skifahren gemacht», sagt Chable. Das tönt erstmal nach einem Trost, es steckt aber mehr dahinter. Chable: «Mein Arzt sagt, dass es in meinem Knie ungewöhnlich wenig Platz für Muskeln hat. Sobald es eine starke Drehung gibt, reisst etwas. Das ist wohl genetisch bedingt.»
Talent früh ersichtlich
Im Januar 2015 debütierte Chable im Weltcup. Kurz darauf fuhr sie bei der WM in Vail (USA) im Slalom auf Rang 15. Der Anfang einer vielversprechenden Karriere – dachte man. Doch schon bald begann die Leidensgeschichte. Heute, mit bald 26 Jahren, hat Chable gerade einmal 35 Weltcup-Rennen bestritten. Zum Vergleich: die fast gleich alte Teamkollegin Corinne Suter steht bei 102 Rennen.
«Ich frage mich schon, warum es immer mich trifft. Ich glaube zwar nicht an Gott, aber daran, dass Dinge aus einem bestimmten Grund passieren – nur kenne ich diesen noch nicht», so Chable. Klar, ein weiteres Comeback wäre schön. Aber: «Ich will irgendwann auch Mutter sein. Und dafür brauche ich meine Knie.»
Eine Zukunft im Gesundheitsbereich könnte sich Chable ebenfalls vorstellen. Oder eine im Journalismus. Das studiert sie bereits. Chable fragt schmunzelnd: «Vielleicht habt ihr beim BLICK ja eine freie Stelle?»
Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Sogar jetzt.