Ski-Ass Meillard (19) kämpft um Comeback
«Bis dahin spiele ich mit meinen Eltern Monopoly»

Es ist ruhig geworden um Mélanie Meillard (19). Zu ruhig? «Ja», sagt sie. Nach ihrem Kreuzbandriss geht es jetzt aber wieder aufwärts. Auch, weil das Ski-Küken geduldiger wurde.
Publiziert: 20.06.2018 um 09:43 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 16:40 Uhr
«Ich muss mehr Geduld haben»
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Mélanie Meillard nach Kreuzbandriss:«Ich muss mehr Geduld haben»
Mathias Germann (Text) und Sven Thomann (Fotos)

Zuerst der Sturz, dann die Schreie, Schmerzen und Tränen. Alles, wovon Mélanie Meillard träumt, löst sich innert Sekunden in Schall und Rauch auf. Kreuzbandriss, Meniskusverletzung, Knochenprellung.

Das 19-jährige Ski-Ass verlässt Pyeongchang humpelnd. Ohne Olympiamedaille, dafür mit einem Operations-Termin im Kalender. «Ich weiss nicht, ob ich je wieder bei 100 Prozent sein werde», sagt sie. Das alles war vor vier Monaten. Aber wie geht es dem 19-jährigen Ski-Ass heute?

Mélanie Meillard hat das Lachen wiedergefunden.
Foto: SVEN THOMANN

Um diese Frage zu beantworten, macht sich BLICK auf den Weg nach Hérémence VS, der Heimat von Meillard. Hoch oben über Sion, auf 1237 Metern, steht das Haus ihrer Eltern Carine und Jacques. Dort wohnt auch Mélanie. Aber siehe da: Unser Navi macht schlapp, findet die eingegebene Strasse nicht. Einige Irrungen und Wendungen später schaffen wir es dann doch noch. «Schön, dass ihr es gefunden habt», begrüsst uns Mélanie, «andere sind daran schon gescheitert», ergänzt sie lachend.

Schon beim zweiten Satz ist es also da, dieses Lachen. Das Markenzeichen von Mélanie. Spitzbübisch, ehrlich, einnehmend. «Ich lache lieber, als einen Lätsch zu ziehen», sagt sie. Wir sitzen auf einem gemütlichen Sofa im Garten, die Berge am Horizont sind noch von Schnee bedeckt.

Unser Ski-Kücken (19) ist geduldiger geworden.
Foto: SVEN THOMANN

An Schnee kann Meillard aber sowieso noch nicht denken. «Wenn alles optimal läuft, kann ich im September zurück auf die Ski.» Bis dahin müsse sie sich gedulden. «Und mich weiterhin mit Freunden treffen und mit meinen Eltern Monopoly spielen», ergänzt Meillard schmunzelnd.

Immerhin: So viel freie Zeit hat sie nicht mehr. Zum Glück nicht.

Meillard befindet sich in der 16. Woche nach der Opera­tion, kann ihr linkes Knie wieder belasten. Den Beweis liefert sie bei Balance-Übungen im Garten. Mélanie steht mit dem lädierten Bein auf einer dicken und instabilen Gummimatte, hält das andere Bein in die Luft, fängt und wirft einen alten Volleyball. «Geschwindigkeit und Geschicklichkeit – das kann sie trainieren. Kraft und Ausdauer noch nicht», wird uns ihr Kondi-Trainer Patrick Flaction später sagen.

«Früher habe ich einfach weitergemacht, wenn eine Übung wehtat», sagt Meillard.
Foto: SVEN THOMANN

Zurück zu Mélanie, die es sich wieder auf dem Sofa bequem macht. «Ich höre jetzt mehr auf meinen Körper», sagt sie. «Früher habe ich einfach weitergemacht, wenn eine Übung wehtat. Heute mache ich alles viel bewusster.» Und wie ist es jetzt mit den Schmerzen? Es gehe besser, versichert Meillard zögernd. Zum ersten Mal an diesem Nachmittag wirkt die beste Nachwuchs-Athletin des letzten Winters allerdings nachdenklich. «In den letzten Wochen hatte ich an gewissen Momenten noch Schmerzen. Auch dann, wenn ich gar nichts gemacht habe.»

Schnell verfliegen jedoch diese Gedanken, schliesslich hat Meillard immer weniger Schmerzen. Und sollten sie wieder kommen, findet Mélanie in ihrem Tagebuch Trost. «Früher hatte ich sowas nicht. Aber nach der Verletzung habe ich begonnen, eines zu machen. Es ist ein schönes Gefühl, darin zu lesen – auch, wenn es mir mal nicht so gut geht.»

Meillard beim Training mit Patrick Flaction.
Foto: SVEN THOMANN

Mindestens genauso viel Freude wie das Tagebuch macht Meillard ihre Katze «Cacahuète» (Französisch für Erd­nüsschen). «Wo ist sie jetzt?», ruft Mélanie. «Immer wenn man sie braucht, ist sie nicht da.» Kurz darauf kommt Erdnüsschen doch noch angeschlichen – ein perfektes Sujet für ein Foto. Mélanie stört es übrigens nicht, dass dabei die Narbe an ihrem linken Knie sichtbar wird. Lachend sagt sie: «Ich bin ja schliesslich kein Topmodel! Und als Skifahrerin habe ich sowieso meistens lange Hosen an.»

Nachdem die Fotos im Kasten sind, machen wir uns gemeinsam auf den Weg ins Tal nach Salgesch VS. Dort trifft sich Mélanie mit ihrem Kondi-Trainer Patrick Flaction zum Fitness­training. Nach einigen Aufwärmübungen geht es rasch zur Sache. Treppe rauf, Treppe runter, Treppe rauf, Treppe runter. «Schon viel besser als letzte Woche», muntert sie Flaction auf. Sein Kredo: «Eine Übung, die einfach wird, bringt nichts mehr. Dann müssen wir sie anpassen.»
Damit muss Mélanie klarkommen.

Noch ist ihr linker Oberschenkel sechs Zentimeter dünner als der rechte. «Wir sind aber im Fahrplan», ist Flaction überzeugt. Was das heisst? Der Riesen­slalom in Sölden (27. Oktober) kommt mit Sicherheit noch zu früh. Die WM in Are in Schweden ab dem 5. Februar ist aber – Stand heute – nicht in Gefahr. Die Teilnahme also möglich.

Es ist an der Zeit, uns zu verabschieden – schliesslich wollen wir nicht länger stören. «Kein Problem, vielen Dank für den Besuch», sagt Mélanie schwitzend. Dabei strahlt sie schon wieder. Es ist eindeutig: Die Frohnatur hat ihr Lachen längst wiedergefunden.

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