Das Podest
1. Cyprien Sarrazin (Fr) 1:47,75
2. Marco Odermatt (Sz) +0,58
3. Aleksander Aamodt Kilde (No) +1,00
Das Rennen
Was für ein Auftritt von Cyprien Sarrazin! Der Franzose haut einen Traumlauf raus. Völlig entfesselt geht er ans Limit und fährt der Konkurrenz davon. Als er mit Startnummer 3 ins Ziel kommt, nimmt er dem zu diesem Zeitpunkt führenden Kanadier Jeffrey Read über drei Sekunden ab. Am Ende feiert er nach der Abfahrt in Bormio (It) seinen zweiten Saisonsieg.
Die Freude über seine Leistung wird getrübt. Wie alle anderen Zuschauenden sitzt bei ihm der Schock tief, als sein Landsmann Alexis Pinturault stürzt (siehe «Das gab zu reden») und minutenlang geborgen werden muss. Nichtsdestotrotz geht das Rennen danach weiter. Und die Zeit Sarrazins wird von den Top-Cracks geprüft. Als sich Vortagessieger Marco Odermatt aus dem Starthaus katapultiert, erreicht die Stimmung ihren Höhepunkt. Das Publikum feuert ihn von oben bis unten lautstark an – und doch reichts am Ende nicht ganz. Odermatt muss sich Sarrazin, den er am Vortag noch auf Platz 2 verwiesen hat, geschlagen geben. Als einziger büsst er als Zweiter aber weniger als eine Sekunde ein.
Denn auch Aleksander Aamodt Kilde kommt nicht am Franzosen vorbei. Seine Leistung ist dennoch beeindruckend. Unter der Woche kränkelte er, liess deswegen das zweite Training aus. Nach der Abfahrt am Donnerstag (Platz 3) schrieb er auf Instagram: «Nach der Flower Ceremony war ich nur noch in der Horizontalen und habe geschlafen.» Der Schlaf hat sich gelohnt, er fährt erneut aufs Podest.
Die anderen Schweizer
7. Justin Murisier +1,38
9. Stefan Rogentin +1,58
14. Arnaud Boisset +2,20
17. Niels Hintermann +2,38
19. Loïc Meillard +2,54
22. Gilles Roulin +2,81
33. Alexis Monney +3,40
39. Gino Caviezel +3,85
Beim Silberhornsprung unterläuft Gino Caviezel bei der Landung ein Fehler. Das wirft ihn weit zurück und kostet ihn die zwischenzeitliche Führung. Und am Ende auch Punkte. Diese verpasst er ebenso wie Alexis Monney und Josua Mettler.
Stefan Rogentin zeigt eine solide Fahrt. Und büsst trotzdem einiges an Zeit ein. Am Ende reichts für die Top 10.
Franjo von Allmen lässt den Schweizer Ski-Fans den Atem stocken. Er wird ausgehebelt und überschlägt sich mehrfach. Seine Ski lösen sich und fliegen durch die Gegend. Zum Glück steht er wenig später wieder und kann den Weg ins Ziel auf eigenen Füssen antreten – wenn auch nur auf einem Ski. Denn der zweite wird beim Sturz beschädigt.
Keine leichte Aufgabe für Justin Murisier. Er muss unmittelbar nach dem längeren Unterbruch durch den Sturz von Alexis Pinturault auf die Strecke. Er zeigt oben eine gute Fahrt, dann schleicht sich der eine oder andere Fehler ein und er fällt noch etwas zurück.
Schon früh ist bei der Fahrt von Loïc Meillard klar, dass er nicht ganz vorne mitmischen wird. Er kommt nicht recht auf Touren und verpasst die Top 10 deutlich. Gleiches gilt für Niels Hintermann, der wie schon in der Abfahrt das richtige Rezept nicht findet. Mit Gilles Roulin klassiert sich ein dritter Schweizer zwischen den Rängen 15 bis 30.
Ganz stark, was Arnaud Boisset zeigt. In seinem erst fünften Weltcuprennen fährt er nicht nur zum vierten Mal in die Punkte, sondern knackt auch erstmals die Top 15.
Das gab zu reden
Der fürchterliche Sturz von Alexis Pinturault. Der Franzose kommt mit Rücklage über den Silberhornsprung, wird bei der Landung zusammengedrückt und kann sich nicht mehr auf den Füssen halten. Er prallt unschön auf die Piste, überschlägt sich auch noch. Das Rennen wird minutenlang unterbrochen, er muss mit dem Helikopter geborgen werden.
Das gab zu reden II
Marco Odermatt und der Super-G – das passt. Letztmals hat er am 6. März 2022 in Kvitfjell mit Platz 28 das Podest verpasst. Seither ist er zwölfmal in Folge aufs Podest gefahren, siebenmal davon als Sieger. Beeindruckend. Genauso wie seine bisherige Leistung in dieser Saison. In zwölf Rennen ist er nur einmal neben dem Treppchen gelandet (Siebter in der Gröden-Abfahrt) und hat schon sechs Siege gefeiert.
Die Stimmen gegenüber SRF
Marco Odermatt: «Ich habe Sarrazins Fahrt am Start gesehen und wusste, es wird nicht leicht, ihn zu schlagen. Und ein langer Unterbruch braucht dann auch viel Energie. Wenn man weiss, dass Pinturault gestürzt ist, der sonst so super auf den Ski steht und praktisch nie Fehler macht, ist im Unterbewusstsein bestimmt auch ein Prozent Sicherheit mitgefahren. Deshalb bin ich sehr zufrieden mit dem 2. Platz. Mein Energielevel war nicht ganz bei 100 Prozent. Ich habe beim Fahren gemerkt, dass meine Beine sehr blau sind. Es ist der längste Super-G des Jahres und dann kommt morgen die längste Abfahrt. Dann kamen gestern und heute Unterbrüche dazu, die den Tag verlängert haben. Die Erholung ist deshalb bestimmt nicht riesengross.»
Gino Caviezel: «Mir ist fast das Gleiche passiert wie Pinturault. Silberhorn kickt ziemlich heute, du kommst mit viel Tempo. Ich konnte mich gerade noch retten. Er ist ein sehr erfahrener Fahrer und trotzdem passiert ihm so etwas. Jeder will schnell fahren, dann bist du einmal zu direkt und schon ist es passiert. Ich bin gut gesprungen, doch nach der Landung hatte ich die Linie nicht richtig. Irgendwie, ich weiss nicht wie, konnte ich es noch retten. Es ist einfach immer auf Messers Schneide.»
Stefan Rogentin: «Ich hatte in jungen Jahren viele Verletzungen. Deshalb schaue ich bei anderen lieber weg – aus Selbstschutz. Wenn man nicht Gas gibt, ist man in unserem Sport halt nirgends. Man darf es nicht zu nah an sich ranlassen, damit man den Fokus fürs nächste Rennen nicht verliert. Ich hab eine rechte Packung Rückstand kassiert. Im Haneggschuss hab ich sicher etwas verloren, wo sonst weiss ich nicht, das muss ich nochmal anschauen.»
Justin Murisier: «Was soll ich sagen? Es war schwierig heute. Sarrazin ist unschlagbar. Meine Fahrt war oben stark, ich verpasse nur eine Kurve. Und in dieser machst du das Tempo für den Rest, deshalb bin ich zurückgefallen. Die grösste Herausforderung war, mich nach dem Sturz von Pinturault am Start zu konzentrieren. Damit hatte ich Mühe. Im Kopf willst du voll angreifen, aber nach so einem Sturz ist es schwierig.»
Die Bedingungen
Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt, blauer Himmel und strahlender Sonnenschein. Auch am Freitag sind die Bedingungen in Wengen perfekt.
So gehts weiter
Die Hälfte des Lauberhorn-Wochenendes ist vorbei. Am Samstag steigt die Abfahrt in Originallänge und am Sonntag gibts zum Abschluss noch den Slalom.