Das Podest
1. Justin Murisier (Sz) 1:40,04
2. Marco Odermatt (Sz) +0,20
3. Miha Hrobat (Slv) +0,35
Das Rennen
Die Emotionen im Schweizer Ski-Team könnten nicht unterschiedlicher sein. Da ist der erste Weltcupsieg von Justin Murisier. Da ist der Doppelsieg, der durch den 2. Platz von Marco Odermatt (27) zustande kommt. Und da ist der schwere Sturz von Arnaud Boisset, der heftig mit dem Kopf auf der Piste aufknallt und ungebremst in die Fangnetze rutscht.
Die freudige Seite: Murisier gewinnt seine erste Abfahrt und damit sein erstes Weltcuprennen überhaupt. Er steht Odermatt vor der Sonne, der auf den Tag genau vor fünf Jahren beim Super-G von Beaver Creek seinen ersten Weltcupsieg feierte.
Der Mann aus Martigny VS zeigt von oben bis unten eine sehr solide Fahrt, Unsauberkeiten hat er kaum. So löst er Miha Hrobat, der die Speed-Saison lanciert hat und am Ende Dritter wird, als Führenden ab. Wie gut die Zeit von Murisier ist, zeigt die Fahrt von Cyprien Sarrazin (Startnummer 6). Der Franzose, der hinter Odermatt Zweiter im Abfahrtsweltcup wurde, verliert über eine Sekunde. Odermatt kommt während seiner Fahrt nahe an die Zeit von Murisier ran, liegt zwischenzeitlich sogar knapp vorne. Zwei Zehntel fehlen dann aber im Ziel.
Näher als Odermatt kommt keiner an den 32-Jährigen ran. Bislang stand ein Podestplatz in Murisiers Palmarès (3. Platz im Riesenslalom von Alta Badia 2020), das beste Abfahrtsergebnis war der 4. Rang in Bormio im vergangenen Winter.
Die Feier
Mit Murisier und Odermatt feiern zwei gute Kumpels einen Doppelsieg – sehr speziell. Klar, dass das gefeiert werden muss. Zur Belohnung gibts erstmal einen Hamburger.
Im Hotelzimmer, die beiden teilen sich ein Appartement im St. James Place, wird dann die Beute nach dem Triumph auf der Raubvogelpiste schön ausgelegt. Odermatt und Murisier geniessen den Erfolg sichtlich, teilen mit ihren Fans ein Bild, wie sie oben ohne auf Bänken liegen. «Room 225, over and out», schreibt Odermatt. Dazu sein Lob für Murisier: «Bravo Chouchou».
Die anderen Schweizer
13. Alexis Monney +1,52
13. Stefan Rogentin +1,52
15. Marco Kohler +1,57
18. Lars Rösti +1,63
28. Franjo von Allmen +2,22
31. Livio Hiltbrand +2,26
53. Josua Mettler +3,64
DNF: Arnaud Boisset.
Franjo von Allmen stösst sich fulminant aus dem Starthaus, reiht auf seiner allerersten Fahrt auf der Birds of Prey allerdings Fehler an Fehler. Kurz vor dem Ziel scheidet der Podestfahrer vom Garmisch-Super-G in der letzten Saison auch noch fast aus, kann sich gerade noch so ins letzte Tor retten.
Alexis Monney bekundet dann und wann etwas Probleme mit der Piste, kommt ein paar Mal von der Ideallinie ab. Die Konsequenz: Zeitverlust. Genau gleich viel verliert Stefan Rogentin, der ebenfalls solid, aber zu wenig angriffig fährt.
Einen äusserst beachtlichen Auftritt legt Lars Rösti hin. Zu Beginn verliert der 26-Jährige viel Zeit, danach aber kaum mehr. Josua Mettler zahlt auf der Birds of Prey dagegen Lehrgeld und verliert über drei Sekunden. Bitter wirds für Livio Hiltbrand: Weil sich der Italiener Giovanni Franzoni (Startnummer 57) noch auf Platz 27 fährt, schiebt er Hiltbrand wegen drei Hundertstelsekunden aus den Weltcup-Punkten.
Die Stimmen (gegenüber SRF)
Justin Murisier: «Es ist unglaublich. Es hat sich gelohnt zu warten, immer weiterzukämpfen. Das zusammen mit Marco zu erleben, ist ein Traum, der wahr wird. In Copper ist es mir nicht gelaufen, der Schnee hat mir nicht gefallen. Ich dachte mehrere Male, ob ich aufhören soll. Und jetzt lief das erste Rennen so gut, es ist fantastisch. Ich weine fast.»
Marco Odermatt: «Es war nicht die Fahrt, die ich zeigen wollte. Als ich dann gesehen habe, auf wen ich die zwei Zehntel verloren habe, ist das Lachen wieder zurückgekommen. Als ich vorhin bei ORF im Interview war und alles noch frischer war, habe ich fast geweint. Es ist so berührend, er hat so viel durchgemacht. Wir sind sehr gute Freunde, wir sind jeden Tag miteinander unterwegs. Er hat mir zu so vielen Siegen verholfen, daher mag ich ihm den Sieg sehr gönnen. Er ist ein riesiger Kämpfer, immer positiv – ausser in Copper.»
Franjo von Allmen: «Ich schaue nicht gut auf meine Fahrt zurück. Ich habe das Gegenteil von dem gemacht, was ich mir eigentlich vorgenommen habe. Ich ging zu viel ans Limit, auch dort, wo ich es nicht zwingend musste. Es waren viele kleinen Dinge, die nicht nötig waren. Ich versuche, in Zukunft mehr Sicherheit reinzubringen.»
Alexis Monney: «Es ist etwas schade, ich verliere eigentlich nicht viel Zeit, aber ich hatte im oberen Teil einen Innenski-Fehler. Ich bin grundsätzlich zufrieden, es hat gezeigt, dass ich eigentlich mithalten kann. Daher bin ich schon auch ein wenig enttäuscht über den Fehler. Aber es ist toll, hier Ski zu fahren.»
Das gab zu reden I
Der 15. Platz ist eine Genugtuung für Marco Kohler (27). In Wengen ist der Meiringer schwer gestürzt, hat sich zum zweiten Mal das Kreuzband gerissen. Nun ist er zurück und zeigt in Beaver Creek, weshalb er ein Kandidat für regelmässig gute Abfahrtsresultate ist. «Weltklasse», sagt Beat Feuz dazu. Ein Ritterschlag.
«Ich bin zufrieden. Ich wollte eine sichere Fahrt zeigen und ins Ziel kommen», sagt Kohler zu seinem Auftritt. «Ich war sehr nervös am Start, daher freut es mich sehr, dass ich eine so solide Fahrt gezeigt habe.» Wegen des Sturzes von Boisset droht ihn seine eigene Vergangenheit doch wieder einzuholen: «Ich versuche mich bestmöglich abzulenken. Ich kann so Sachen seit meinen Stürzen nicht mehr sehen. Ich leide mit, aber ich muss mich distanzieren.»
Das gab zu reden II
Aleksander Aamodt Kilde (32) steht im Zielraum. Der Norweger, der wie Kohler in Wengen schlimm gestürzt ist, hat die letzten zwei Ausgaben auf der Birds of Prey gewonnen. Und erlebt hautnah mit, wie Murisier ihn beerbt.
Das gab zu reden III
Seit 2007 hat kein Österreicher mehr auf der Greifvogelpiste gewonnen. Damals siegte Michael Walchhofer. Der beste ÖSV-Fahrer in diesem Jahr ist Vincent Kriechmayr (33), Trainingsbester am Donnerstag, als Fünfter (+0,65).
Die Bedingungen
«Colorado zeigt sich seit Tagen von der sonnigen Seite. Perfekte Winterbedingungen», sagt Moderator Marc Lüscher zu Beginn der SRF-Übertragung. Wurden letztes Jahr sämtliche Rennen in Beaver Creek aufgrund des Windes abgesagt, finden die Speed-Stars perfekte Konditionen vor. «10 von 10 Punkten für die äusseren Bedingungen, 10 von 10 Punkten für die Piste», konstatiert SRF-Kommentator Stefan Hofmänner.
So gehts weiter
Am Samstag gehts direkt weiter mit dem nächsten Speed-Rennen, der erste Super-G der Saison steht an. Der erste Fahrer stürzt sich um 18.30 Uhr Schweizer Zeit die Piste runter.