Das Podest
1. James Crawford (Ka) 1:53,64
2. Alexis Monney (Sz) +0,08
3. Camreon Alexander (Ka) +0,14
Das Rennen
Alle Augen sind bei der Abfahrt von Kitzbühel auf Marco Odermatt gerichtet. Der Sieg auf der Streif fehlt dem Nidwaldner noch in seinem Palmares. Nach dem Sieg im Super-G am Vortag stehen die Zeichen ideal. Krallt sich der 27-Jährige den langersehnten Erfolg? Nein! Ausgerechnet ein Schweizer stiehlt ihm die Show. Als Alexis Monney die zwischenzeitliche Bestzeit um über eine halbe Sekunde pulverisiert, ahnt er noch nicht, was für eine Wahnsinnsfahrt er in den Schnee gezaubert hat.
Monneys Teamkollegen Franjo von Allmen und Justin Murisier müssen sich geschlagen geben. Und auch Dominator Marco Odermatt kann nicht mit dem Fribourger mithalten. Für einmal ist es bei einer Abfahrt kein internes Schweizer Duell. Am Nächsten kommt Monney der Kanadier Alexander Cameron. Bis zur zweitletzten Zwischenzeit sieht es so aus, als würde er den Schweizer verdrängen, verliert dann aber auf den letzten Metern doch noch einige Hundertstel. Alles sieht nach dem zweiten Abfahrtssieg von Monney nach Bormio im Dezember aus.
Doch dann das: Mit der Startnummer 20 schiebt sich James Crawford aus dem Starthaus – und legt einen Teufelsritt in den Schnee. Der Kanadier liefert sich mit Monney ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Am Ende nimmt er dem Schweizer nur gerade neun Hundertstel ab und feiert den ersten Weltcupsieg seiner Karriere.
Die weiteren Schweizer
6. Marco Odermatt +0,55
9. Franjo von Allmen +0,71
11. Justin Murisier +0,74
33. Marco Kohler +2,17
39. Stefan Rogentin +2,54
41. Livio Hiltbrand 2,75
42. Lars Rösti +2,81
50. Alessio Miggiano +4,26
DNF: Arnaud Boisset
Am Freitag im Super-G vermochte Stefan Rogentin der in Wengen aufgefangenen Grippe noch zu trotzen und fuhr sensationell aufs Podest (3.). Doch bei der Abfahrt legt der Bündner eine verhaltene Fahrt hin. Als erster im Ziel, nimmt ihm der folgende Stefan Babinsky bereits 1,93 Sekunden ab.
Franjo von Allmen wurde als der heimliche Favorit gehandelt. Der 23-Jährige legt eine solide Fahrt hin, doch bei jeder Zwischenzeit kommen einige Hundertstel auf den zwischenzeitlichen Führenden Alexis Monney dazu. Einen Schreckmoment erlebt er beim Schlusssprung, als er sich mit Rücklage gerade noch so fangen kann.
Bis zur Rennhälfte liegt Justin Murisier in Kitzbühel auf Podestkurs. Doch in den Schlusspassagen geht ihm etwas die Kraft aus und er verliert einiges an Tempo, was ihm im Schlusshang eine bessere Platzierung kostet.
Nicht vom Fleck kommen Marco Kohler und Lars Rösti. Die Schweizer haben sich bereits zur zweiten Zwischenzeit einen deutlichen Rückstand eingefangen, der bis ins Ziel kontinuierlich ansteigt. Ein gebrauchtes Rennen.
Einen Schock erlebt Arnaud Boisset. Bei der Einfahrt in den Zielhang, in dem die Fahrer Geschwindigkeiten bis zu 140 km/h erreichen, verliert er den Innenski und stürzt. Zum Glück bremst er schnell ab, steht auf und gibt sofort Entwarnung.
Das gab zu reden
Der Abfahrtsweltcup in diesem Winter ist fest in Schweizer Händen. In den ersten vier Abfahrten feiern unsere Speedspezialisten jeweils Doppelsiege. Diese Serie reisst nun in Kitzbühel. Für einmal stehen nicht zwei Schweizer, sondern zwei Kanadier auf dem Podest. Immerhin hält mit Monney ein Fahrer auf dem Treppchen die Schweizer Fahne hoch.
Das gab zu reden II
Es ist nicht der Tag von Stefan Rogentin und Marco Kohler. Die Zimmergenossen gehen beide angeschlagen an den Start. Das wirkt sich auf ihre Fahrt aus. Auf der sowieso schon anspruchsvollen Streif legen beide eine äusserst verhaltene Fahrt hin und verlieren über zwei Sekunden auf Sieger Crawford. Und beide kommen sichtlich erleichtert im Ziel an, dass sie diesen Höllenritt unbeschädigt durchgestanden haben.
Die Stimmen gegenüber SRF
Marco Odermatt: «Ich habe nach dem U-Hakerl nicht alles perfekt getroffen. Im Steilhang habe ich viel Zeit verloren und auch den Lärchenschuss habe ich nicht optimal getroffen. In einem so engen Rennen fehlen dann die km/h. Es wurmt mich gar nicht, dass ich den Sieg verpasst habe. Letztes Jahr habe ich mich über den zweiten Platz genervt. Heute bin ich ins Ziel gekommen als Zweiter hinter Alexis, da dachte ich, es sei tipptopp. Ein Podestplatz wäre schön gewesen, aber heute hat es mich komischerweise nicht genervt.»
Alexis Monney: «Ich bin sehr zufrieden. Einen Podestplatz in Kitzbühel hätte ich schon anfangs Saison unterschrieben. Die Abfahrt in Kitzbühel war schon seit meiner Kindheit ein Traum. Ich wollte hier immer gut Ski fahren. Letztes Jahr habe ich die Schlüssel hier schon etwas gefunden, dieses Jahr war es nun wirklich gut. Bormio und Kitzbühel sind sehr ähnliche Abfahrten. Es ist eisig, es gibt Schläge, das mag ich sehr gerne. Es ist schön, wenn es im Ziel grün aufleuchtet und man so lange vorne liegt.»
Franjo von Allmen: «Meine Leistung heute war so lala. Ich fuhr immer etwas zu vorsichtig und habe daher konstant Zeit verloren. Etwas hat mich heute zurückgehalten. Unten erging es mir besser als am Start, wo ich schon bei der zweiten Kurve Probleme hatte. Ich fuhr allgemein einfach zu vorsichtig. Die Schrecksekunde im Zielsprung hätte es nicht gebraucht. Ich wollte in der Hocke durchziehen, um in der Position zu bleiben. Dann hatte ich leicht Aufwind von den Skiern und es wurde natürlich gefährlich.»
Justin Murisier: «Ein elfter Platz in Kitzbühel ist nie schlecht. Und die Fahrer vor mir sind auch keine Hobbyskifahrer (lacht). Von dem her kann ich nicht zu enttäuscht sein, aber klar wollte ich mehr. Bei der Hausbergkannte bin ich etwas zu weit gesprungen und konnte dann das Tempo nicht richtig mitnehmen und das hat sehr viel gekostet. Im Ziel war mir daher klar, dass es nicht ganz nach vorne reichen wird. Bisher ist es eine sehr konstante Saison von mir, es sind immer nur Kleinigkeiten die fehlen. Daher bin ich sehr zuversichtlich für die WM in Saalbach.»
Die Bedingungen
Bis zu 11 Grad warm sollte es während der Abfahrt auf der Streif in Kitzbühel werden. Pistenchef Stefan Lindner gab aber bereits am Vortag Entwarnung. Die Bedingungen sind hervorragend. Die 70 Zentimeter dicke Piste ist nochmals ein wenig härter als noch im Super-G am Freitag. Der Start im Schatten ist eisig. Weiter unten weicht die Sonne den Schnee dann etwas auf. Bei leicht bewölktem Wetter drückt die Sonne noch leicht durch und den rund 50'000 Fans wird vor Ort ein Spektakel geboten.
So gehts weiter
Das Hahnenkamm-Wochenende hat am Sonntag (erster Lauf ab 10.15 Uhr live auf Blick) noch einen Slalom zu bieten. Dann gehts weiter nach Schladming, wo ein Riesen- (28.01) sowie ein Slalom (29.01) auf dem Programm stehen. Die Speedspezialisten stehen am 2. Februar bei der Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen wieder am Start.