Die Mama
Priska Odermatt ist auf den ersten Blick betrachtet eine untypische Mutter für einen furchtlosen Skirennfahrer. Weil sie wegen Höhenangst nicht mehr mit Sesselliften fährt, ist Priska während 15 Jahren auch nicht mehr Ski gefahren, bis sie anlässlich der WM in Courchevel einen Schlepplift entdeckte. Dennoch ist ihr Anteil an den gigantischen Erfolgen ihres Sohnes gross. Mama Odermatt hat ihre eigenen beruflichen Ambitionen einst komplett zurückgestellt, damit sie den kleinen Marco für Trainings- und Renneinsätze in der ganzen Zentralschweiz herumchauffieren konnte. Und bei der Erziehung hat sie ihrem Jüngling ganz viele gewinnbringende Werte für das Leben neben der Piste eingetrichtert. «Ich habe von meiner Mama ganz viel Anstand gelernt. Angefangen, wie man beim Essen Messer, Gabel und den Löffel richtig hält, bis hin zum ordentlichen Grüssen. Ihr ist auch heute noch wichtig, dass ich den Leuten zur Begrüssung nicht ‹Hallo›, sondern ‹Guten Tag› oder ‹Grüezi› sage», hält Marco fest.
Der Papa
«Odi» war ein fünfjähriger Knirps, als sein Vater Walti zusammen mit Paul Schmidiger (Papa von Slalom-Spezialist Reto) die Basis für das Nidwaldner Alpin-Wunder legte. Die beiden stellten für den Nachwuchs im 50-Prozent-Mandat einen Profitrainer ein und waren hauptverantwortlich, dass trotz anfänglich erheblicher Skepsis bei den Schulen im Kanton Nidwalden für regionale Ski-Talente in der Oberstufe der Schule Hergiswil eine Begabtenförderung-Klasse ins Leben gerufen wurde. Von dieser Klasse aus haben neben Marco Odermatt und Reto Schmidiger mit Andrea Ellenberger, Priska Nufer, Delia Durrer, Nathalie Gröbli, Yannick Chabloz, Vivianne Härri und Joel Lütolf den Sprung in den Weltcup geschafft. Seit sein Sohn auf der grossen Alpin-Bühne den Superstar verkörpert, ist Walti Odermatt, der sein Geld als Bauingenieur verdient, auch für die Bearbeitung von Fanpost zuständig.
Die Mentaltrainerin
Dass der zweifache Gesamtweltcupsieger, Weltmeister und Olympiasieger aus Buochs in den heissesten Situationen einen kühlen Kopf bewahrt, ist auch das Verdienst der in Hergiswil wohnhaften Monika Wicki-Hess. Seit 2015 ist die Cousine der sechsfachen Weltmeisterin Erika Hess Odermatts Mental-Trainerin. «Marco absolviert zwischen April und Dezember drei bis fünf Trainingssessions mit mir», erzählt die Frau, die 1984 im Olympia-Slalom den elften Rang belegte. Aber natürlich gehe Odermatts Mental-Training weit über diese vier Einheiten mit ihr hinaus. «Marco arbeitet im mentalen Sektor genauso intensiv wie im skitechnischen oder im konditionellen Bereich.» Den grössten Teil des kopflastigen Trainings könne er aber im Alleingang bewältigen. «Ich versuche, jedem Athleten zu vermitteln, dass er ein mentales Problem selber lösen kann. Ich gebe ihm dafür aber ein paar Methoden mit auf den Weg, die wie ein Werkzeugkasten sind, in dem er das passende Instrument zur Lösung seiner Probleme findet.»
Der «Tiipflischeisser»
Chris Lödler gehört zu den erfolgreichsten Servicemännern im Ski-Zirkus. Vor seinem Engagement bei der Firma Stöckli präparierte er die Ski von Schwedens National-Heldin Anja Pärson zu regelrechten Raketen. Seit 2016 ist er für die Ski von Marco Odermatt zuständig. Für den Nidwaldner ist Lödler aber sehr viel mehr als ein Servicemann. Chris und Marco verbindet mittlerweile eine echte Freundschaft. Deshalb fahren die beiden auch meistens mit demselben Auto zu den Weltcuprennen. «Für Marco ist Chris auch deshalb Gold wert, weil er selbst in den hektischsten Momenten immer total ruhig bleibt», meint Vater Walti. In einem TV-Werbespot vom Verbands-Hauptsponsor spricht Odermatt in breitem Nidwaldner Dialekt davon, dass er für den Erfolg «Tiipflischeisser» in seinem Umfeld benötige. Damit spielt er nicht zuletzt auf Lödler an. «Als Österreicher ist mir dieses Wort anfänglich komisch vorgekommen. Aber jetzt, wo ich die Bedeutung kenne, kann ich gut damit leben.» Und damit ihm dieser «Tiipflischeisser» noch lange erhalten bleibt, überweist Odermatt Lödler und seinem weiteren Skiservice-Team zehn Prozent vom Preisgeld.
Der Übungsleiter
Im Frühling 2016 trifft Swiss-Ski-Cheftrainer Tom Stauffer eine Entscheidung, die von Experten wie Didier Plaschy als «absolut genialer Schachzug» bezeichnet wird – der Berner Oberländer ernennt den Österreicher Helmut Krug zum Riesenslalom-Chef. Der Tiroler ist ein herausragender Fachmann mit einem genialen Auge für die Ski-Technik. Und weil Krug über ein riesiges Beziehungsnetz verfügt, erhält er praktisch überall in der Ski-Welt die besten Trainingspisten. Dank Krug geniessen die Schweizer im Trainings-Mekka auf der österreichischen Reiteralm eine höhere Priorität als die ÖSV-Athleten. Mit Renzo Valsecchi und Johannes Hassler hat Krug zudem zwei Co-Trainer an der Seite, die sich optimal ergänzen. Vor drei Wochen hatte dieses Trio in den USA ein besonders eindrückliches Erlebnis mit ihrem «Odi». «Nach der Landung in San Francisco ist Marco an einer heftigen Grippe erkrankt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er in diesem Zustand beim Riesenslalom in Palisades Tahoe eine Top-Leistung erbringen kann», gesteht Krug. «Aber dann ist er auf den zweiten Rang gefahren. Unter diesen Umständen eine absolute Sensation!»
Der Muskelmacher
Bei seinen ersten FIS-Rennen hat Odermatt trotz seiner herausragenden Technik oft viel Zeit verloren, weil er körperlich unterlegen war. Heute ist der 25-Jährige auch in physischer Hinsicht top, was in erster Linie auf seinen Kraft- und Konditionscoach Kurt Kothbauer zurückzuführen ist. Der Oberösterreicher feierte in den 80er- und den frühen 90er-Jahren in seiner Heimat einige Erfolge als Kugelstosser, Speer- und Diskuswerfer, ehe er beim ÖSV landete, wo er Hermann Maier im Ausdauer- und Kraftbereich geschliffen hat. In dieser Zeit lernte Kothbauer auch Helmut Krug kennen, der ihn 2016 zu Swiss-Ski holte. «Ich wollte den Kurti unbedingt in meiner Gruppe haben, weil ich gewusst habe, dass es vor allem bezüglich des Krafttrainings keinen Besseren gibt», erzählt Krug. Und deshalb hat der einst so feingliedrige «Odi» jetzt eine Muskelmasse wie der legendäre «Herminator». «Marco kann bei den Maximal-Kraftwerten mit Hermann Maier in seinen allerbesten Zeiten mithalten», bestätigt Kothbauer stolz.
Der Manager
Michael Schiendorfer war als Kommunikationschef bei einem grossen Pharma-Unternehmen tätig, ehe er sich 2016 als Sport-Manager selbständig machte. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte die Verpflichtung des damals 18-jährigen Riesenslalom-Junioren-Weltmeisters Marco Odermatt und von Schwing-Talent Joel Wicki. Vier Jahre später gelingt Schiendorfer ein echter Coup, als er für Odermatt einen Sponsoring-Deal mit Red Bull abschliesst. Seit diesem Zeitpunkt hat Marco im Winter einen Fix-Platz im Privatjet des Energy-Drink-Herstellers, wenn es aus zeitlichen Gründen mit dem Reisen im Bus von Chris Lödler nicht aufgeht. In der Zwischenzeit hat Schiendorfer für den Alpin-Überflieger weitere lukrative Verträge mit insgesamt 19 Premiumpartnern ausgehandelt. Zudem bearbeitet der im Baselbiet wohnhafte Ostschweizer gemeinsam mit seiner Frau Bettina unzählig Fan- und Medienanfragen.