Das Podest
1. Federica Brignone (It) 2:16,05
2. Alice Robinson (Nsl) +0,17
3. Julia Scheib (Ö) +1,08
Das Rennen
Überraschung zum Saisonauftakt. Federica Brignone gewinnt den Riesenslalom in Sölden. Die Italienerin zeigt einen starken 2. Lauf und verbessert sich von Rang 3 auf 1. Dabei überflügelt sie zwei Konkurrentinnen, die auf dem Rettenbachgletscher wie sie selber auch schon gewonnen haben: Mikaela Shiffrin und Alice Robinson.
Dabei sieht es zur Halbzeit noch so aus, als würde Shiffrin ihren 98. Weltcupsieg einfahren. Sie zeigt einen souveränen Lauf, liegt zwei Zehntel vor Robinson in Führung. Angefeuert von ihrem Verlobten und Edelfan Aleksander Aamodt Kilde, will sie diese am Nachmittag verteidigen. Oben siehts noch gut aus, doch je länger die Fahrt dauert, desto weiter fällt die Amerikanerin zurück. Und muss am Ende mit Platz 5 vorliebnehmen.
Während Robinson ihren 2. Platz verteidigt, gibts daneben eine Premiere. Julia Scheib feiert ihren ersten Podestplatz. Mit der Wut im Bauch über einen verpatzten 1. Lauf und nur Platz 14 macht sie Position um Position gut. Und erlöst eine ganze Nation. Denn die Österreicherinnen mussten in den letzten Jahren im Riesenslalom untendurch. Den letzten Sieg gabs 2016, danach folgten 2018 und 2019 nur noch je ein Podestplatz. Nun ist diese Durststrecke vorbei.
Die Schweizerinnen
12. Camille Rast +1,84
22. Michelle Gisin +3,43
25. Wendy Holdener +4,01
28. Simone Wild +4,12
DNS Lara Gut-Behrami
DNQ Jasmina Suter
DNQ Mélanie Meillard
DNQ Stefanie Grob
DNQ Andrea Ellenberger
DNQ Janine Schmitt
Zur Halbzeit ist Camille Rast knapp ausserhalb der Top 15 klassiert. In diese will sie am Nachmittag vorstossen. Und das gelingt. Nicht, weil sie zwischenzeitlich in Führung geht, sondern weil die Konkurrenz patzt. Platz 12 ist ihr mit Abstand bestes Sölden-Resultat. In davor vier Anläufen war Platz 29 letztes Jahr das einzige zählbare Resultat.
Im 1. Lauf ist Michelle Gisin die schnellste Schweizerin. Als 13. schielt sie Richtung Top 10. Der Start in die Entscheidung ist gut, sie hält ihren Vorsprung. Doch dann wirft sie ein Fehler aus der Bahn. Sie hält sich zwar im Rennen, die Luft ist aber etwas raus. Gisin ärgert sich bei der Zieleinfahrt, sie fällt weit zurück.
Simone Wild ist nach dem 1. Lauf 28. Sie profitiert so von einer frühen Startnummer in der Entscheidung. Und kann das nicht nutzen. Anstatt die Führung zu übernehmen, fällt sie ans Ende der Rangliste zurück.
Emotionales Rennen für Wendy Holdener. Sie feiert nach ihrem Knöchelbruch ihr Comeback und steht erstmals seit dem Tod ihres Bruders Kevin (†34) am Start. Im SRF-Interview nach dem 1. Lauf sagt sie: «Ich bin recht emotional, weil ich es nicht hinbekommen habe. Im Training bin ich sehr gut gefahren, nun hatte ich ziemlich Mühe in den Rhythmus zu kommen.» Probleme mit der Brille haben dazu geführt, dass sie sich runterkämpfen muss. Letztlich reichts als 29. knapp für den 2. Lauf. Dort kann sie gute Ausgangslage nicht nutzen und verpasst den ganz grossen Sprung nach vorne.
Fünf Schweizerinnen verlieren zu viel Zeit, um sich für den 2. Lauf zu qualifizieren. Sie alle haben Mühe mit den Bedingungen. Am knappsten ist es für Jasmina Suter. Als 35. liegt sie 4,03 Sekunden hinter Halbzeit-Leader Mikaela Shiffrin. Auf Platz 30 fehlen ihr allerdings nur 23 Hundertstel. Ebenfalls nach einem Lauf Feierabend haben Mélanie Meillard (45., +4,37), Stefanie Grob (48., +4,78), Andrea Ellenberger (50., +4,92) und Janine Schmitt (53., +5,70).
Das gab zu reden I
Gut eine Stunde vor Start des 1. Laufs gibts die Hiobsbotschaft für das Schweizer Ski-Team. Lara Gut-Behrami, Vorjahressiegerin in Sölden und Gewinnerin der Riesen-Kugel, verzichtet auf den Start. Sie fühlt sich nicht bereit und will kein Risiko eingehen. «Ich würde so gerne fahren. Aber ich kann es mir nicht leisten, etwas zu riskieren», sagt sie mit Tränen in den Augen gegenüber SRF.
Das gab zu reden II
Das amerikanische Ski-Team zeigt sich im Sog von Überfliegerin Mikaela Shiffrin ganz stark. Allen voran zwei Rückkehrerinnen. Nina O'Brien, die letzte Saison wegen eines Beinbruchs verpasste, fährt im 2. Lauf überragend. Als sie ins Ziel kommt, verdrängt sie Ajsa Zenere um 1,73 Sekunden. Kurz darauf folgt Landsfrau Katie Hensien, die nach einem Kreuzbandriss zurück ist und ihr drei Zehntel abnimmt. Die beiden haben alles riskiert und strahlen – auch wenn die Doppelführung nicht allzu lange hält. Trotzdem machen sie Position um Position gut und werden am Ende Vierte (Hensien) und Siebte (O'Brien).
Die Stimmen (gegenüber SRF)
Wendy Holdener: «Ich habe die Amerikanerinnen im Kopf, die volles Risiko gegangen sind. So einen rausgehauen habe ich nicht. Ich bin froh, durfte ich im 2. Lauf nochmal starten und konnte Rennluft schnuppern. Ich war doch nervöser als ich dachte. Ich schaue jetzt den anderen zu, um zu sehen, was ich besser machen kann. Dann freue ich mich auf ein paar Tage Ski-Pause, ehe es nach Levi geht.»
Camille Rast: «Der 2. Lauf war nicht so einfach. Für einmal ist es ein gutes Resultat in Sölden, ich bin zufrieden. In Levi werde ich nervöser sein als hier. Technisch fühle ich mich gut, muss mich im Training einfach noch ein bisschen mehr pushen.»
Julia Scheib: «Ich hätte nach dem ersten Durchgang nicht gedacht, dass es ein so gutes Resultat gibt. Ich habe alles gegeben und es ist aufgegangen. Ich habe mich im 1. Lauf falsch entschieden, deswegen der Fehler. Danach wollte ich noch einmal frisch an die Sache rangehen. Das ist mir gelungen. Denn da war grosser Ärger mit dabei. Das sollte nicht passieren. Deswegen habe ich einen Schrei losgelassen, damit war die Sache gegessen. Ich habe mit dem 4. Platz gerechnet und wäre happy gewesen. Nun freue ich mich riesig über den Podestplatz.»
Die Bedingungen
Die Bedingungen sind anspruchsvoll. Am Morgen ist der Himmel wolkenverhangen und es regnet, am Nachmittag windet es ziemlich, dafür zeigt sich die Sonne. Hinzu kommt eine von Schlägen geprägte Piste. Für die Fahrerinnen ists von oben bis unten ein Kampf.
So gehts weiter
Für die Technikerinnen geht die Reise weiter in den hohen Norden. Am 16. November findet mit dem Slalom im finnischen Levi das zweite Saisonrennen statt. Der nächste Riesenslalom steigt am 30. November in Killington (USA).