In der Biografie von Gino Caviezel findet man zwei Geburtsorte. Das Licht der Welt erblickt er am 23. Juni 1992 – zwei Stunden nach seiner Zwillingsschwester Giannina – auf der Entbindungsstation des Churer Fontana-Spitals. Die Geburtsstunde als Weltklasse-Rennfahrer erlebt Gino jedoch am 12. Januar 2013 in Adelboden, als er mit Startnummer 52 auf den elften Rang carvt. Der grosse Marcel Hirscher ist an diesem Tag fünf Zehntel langsamer als der Shooting-Star aus dem Bündnerland.
Beim letzten Riesenslalom in Alta Badia knöpft der Schweizer dem österreichischen Superstar erneut Zeit ab – bei seiner Laufbestzeit im zweiten Durchgang ist Caviezel (9. Schlussrang) 36 Hundertstel schneller als Hirscher.
Danach verneigt sich sogar König Marcel vor Prinz Gino: «Der Caviezel taugt mir enorm, weil er technisch sehr gut Ski fährt und ein echtes Rennpferd ist. Ich kenne nicht viele, die sich in jedem Lauf derart ans Limit wagen wie Gino», sagt der dreifache Gesamtweltcupsieger. Und setzt noch einen drauf: «Gino ist so stark, dass ich ihm in Adelboden sogar den Sieg zutraue!»
Diese Worte gehen Caviezel runter wie Himbeersirup: «Ein solches Kompliment vom besten Skifahrer der Gegenwart tut mir natürlich extrem gut!»
Bis zur letzten Saison waren Hirscher und Caviezel sogar Marken-Kollegen bei Atomic. Allerdings passte Gino das Setup von Hirschers Ausrüster nicht mehr, weshalb er im Mai bei Head, dem Ausrüster von Ted Ligety, Kjetil Jansrud und Beat Feuz, unterschrieb. Mit Erfolg: «Nach ein paar Problemen im Herbst habe ich hier das ideale Material-Paket für mich gefunden.»
Vor dem mit Spannung erwarteten Heimauftritt in Adelboden macht dem 22-Jährigen nur eines zu schaffen: eine Erkältung, die ihn gestern zur Absage verschiedener Termine zwang. Doch bis zum Start des ersten Durchgangs heute sollte auch das kein grösseres Problem mehr darstellen.
Und so gibt es Hoffnung, dass Caviezel für den ersten Schweizer Adelboden-Podestplatz seit 2008 sorgt: Damals gewann Marc Berthod den Riesen vor Daniel Albrecht.