Ende April verkündete Marcel Hirscher (35), dass er auf kommende Saison in den Weltcup zurückkehren wird – inklusive Nationenwechsel. Neu startet der Ski-Superstar für Holland, die Heimat seiner Mutter. Erstmals seit dieser Ankündigung stellt sich der achtfache Gesamtweltcupsieger nun den Medien. In Zoetmeer (Ho) beantwortet er Fragen zu seinem Comeback. Und begrüsst die Anwesenden selbstverständlich auf Holländisch.
Die Sprache bereitet ihm keine Mühe – im Gegenteil. Hirscher scheint Spass zu haben, so zu den Medien zu reden. Auch wenn er zugibt: «Ich war zu Beginn nervös, weil ich schon lange nicht mehr Holländisch gesprochen habe und schon gar nicht vor so vielen Leuten.»
«Bin gespannt, wie es sich anfühlt»
Angesprochen auf sein Comeback, stellt Hirscher zunächst klar: «Das C-Wort mag ich nicht.» Denn das würde bedeuten, «dass man dort weitermacht, wo man aufgehört hat». Und das sei nicht sein Plan. Für ihn sei die Rückkehr ein Leidenschafts-Projekt. Während den unzähligen Tests für seine Skimarke Van Deer habe er schlichtweg gemerkt, dass er gerne wieder Rennen fahren möchte, weil die Leidenschaft für den Sport noch immer in ihm lodert.
Das wird er nun schon bald wieder tun. Er reist Anfang August mit einem kleinen Team nach Neuseeland, um dort möglichst viel zu trainieren und erste Rennen zu fahren. «Ich bin gespannt, wie es sich anfühlen wird, wieder eine Startnummer zu tragen», so Hirscher mit einem Schmunzeln. Und fügt an: «Die Jungen werden wohl sagen: ‹Ah der Opa ist auch da›.»
So oder so geht für ihn «ein Lebenstraum in Erfüllung», dass er mit der eigenen Skimarke Rennen bestreiten kann. Der ganz grosse Unterschied zu früher sei, dass damals das Leben zum Skifahren passen musste und es heute umgekehrt sei. Denn heute seien seine beiden Kinder das Wichtigste. Auf den Ski will Hirscher nur noch «Erinnerungen sammeln und nicht mehr Hundertstel jagen».
Die Pressekonferenz zum Nachlesen
Ende der Pressekonferenz
Damit endet die Pressekonferenz mit Marcel Hirscher. Er wird mit Applaus der anwesenden Journalisten verabschiedet.
Erinnerungen statt Hundertstel
Für ihn sei klar, dass es nie wieder das Gleiche sein werde wie in der Vergangenheit. Denn das Ziel sei ein anderes. «Wir wollen jetzt Erinnerungen sammeln und nicht mehr Hundertstel jagen», so Hirscher. Früher wollte er so viele Rennen wie möglich fahren, jetzt sei es umgekehrt.
Spricht gerne Holländisch
«Holländisch zu reden ist lustig, du kannst nicht viel falsch machen», meint Hirscher darauf angesprochen, dass er offenbar gerne Holländisch rede. Zudem betont er noch einmal, er finde es unglaublich, dass er nun für sein Mutterland fahren könne. Dabei wird Hirscher fast ein bisschen emotional.
Lebenstraum geht in Erfüllung
Zu Beginn meinte Hirscher, er sei nervös. Ein Journalist will wissen, wieso genau er nervös war? «Ich war nervös, weil ich schon lange nicht mehr Holländisch gesprochen habe und schon gar nicht vor so vielen Leuten», erwidert er. Die Erwartungshaltung sei, dass er einfach Spass haben will. Und alles unter einen Hut zu bringen sowie das Produkt, also die eigene Skimarke voranzubringen, erklärt Hirscher weiter. «Ich meine es ernst, wenn ich sage, dass es für mich nicht mehr um die Hundertstelsekunden geht», sagt er. Für ihn gehe ein Lebenstraum in Erfüllung, dass er nun FIS- oder Europacup-Rennen mit den eigenen Ski fahren könne. Auf die Muskeln angesprochen, meint er, dass noch viele Muskeln fehlen. «Ich sehe nicht mehr so aus wie früher», meint Hirscher mit einem Schmunzeln.
«Ah, der Opa ist auch da»
Nach Neuseeland gehts mit einem kleinen Team für drei Wochen. «Dort wollen wir möglichst viel trainieren», sagt Hirscher. Obs für den Saisonauftakt im Weltcup reicht, werde sich zeigen. Er werde ein paar Rennen fahren. «Ich bin gespannt, wie es sich anfühlen wird, wieder eine Startnummer zu tragen», so Hirscher. «Bestimmt werden viele junge Fahrer starten und sagen: ‹Ah, der Opa ist auch da.›»
Unteschied zwischen früher und heute
Zwei Kinder und zwei Firmen hat Hirscher. Wie schafft er das alles? «Mein Leben ist voll, keine Frage. Das ist aber auch wunderschön», so Hirscher. Da brauche es ein gutes Familiennetzwerk, ein gutes Team. Der grosse Unterschied sei: Früher musste das Leben zum Skifahren passen, heute ist es umgekehrt. Skifahren gehöre zu seinem Leben, aber es gehe nicht mehr um Hundertstelsekunden. Er wolle Spass haben. «Meine Kinder sind das Wichtigste», so Hirscher. «Ich will auch nicht mehr der Profi sein. Darum geht es nicht mehr.»
Wie sieht er seine Chancen?
Im nächsten Winter gibt es viele Rennen, inklusive einer Weltmeisterschaft. Wie siehst du deine Chancen? «Für mich ist es klar, dass die nächsten zwei Wochen noch Kondi-Training sind und dann gehts nach Neuseeland und ich fahre ein paar Rennen», erklärt Hirscher. Dann werde er sehen, wie es rauskommt, was er machen wird. Es sei wichtig, vorderhand in Neuseeland in Schwung zu kommen und zu sehen, wie er drauf ist. Er könne nicht weiter voraus planen.
«Skisport in irgendeiner Form erhalten bleiben»
«Als ich zurückgetreten bin, wollte ich dem Skisport in irgendeiner Form erhalten bleiben», meint Hirscher. Das habe er in einem ersten Schritt gemacht, indem er etwa seine Skimarke Van Deer gründete. Daraus habe sich dann immer mehr entwickelt. Er habe gemerkt, dass er immer noch so viel Leidenschaft für den Skisport habe, dass er wieder ab und zu ein Rennen fahren möchte. Gleichzeitig will er aber auch den Sport weiterentwickeln.
Will nicht an alte Zeiten anknüpfen
Was sind die persönlichen Gründe? «Das Wort Comeback würde bedeuten, dass man dort weitermacht, wo man aufgehört hat», sagt Hirscher. Es sei in seinem Fall aber nicht möglich und auch nicht sein Ziel, dort anzuknüpfen. «Es war eine Herausforderung wieder fit genug zu werden», so Hirscher. Mit all den Ski-Tests habe er sich gefragt, wieso er das nicht öfters mache. Er wolle das einfach mit Spass machen und ab und zu ein Rennen fahren.
Deshalb für Holland statt Österreich
Nicht nur das Comeback nach fünf Jahren ist speziell, sondern auch, dass Hirscher die Nation wechselt. «Das C-Wort mag ich nicht. Für mich ist es ein Leidenschafts-Projekt», erwidert Hirscher. Für ihn sei klar gewesen, dass er im österreichischen Team keinen Platz mehr haben wird. Er wollte auch keinem jungen Athleten den Platz wegnehmen. Nach den guten Gesprächen mit dem österreichischen und dem holländischen Verband, sei schnell klar gewesen, dass er dieses Projekt starten werde. «Wenn man 99 Prozent der Rennen fürs Vaterland gefahren ist, ist es doch schön, auch ein Prozent fürs Mutterland zu absolvieren», so Hirscher. Er fühle sich in Holland wohl, er habe schon als Kind viel Zeit hier verbracht, da seine Mutter von hier stammt.