Seit dem 12. April 1988 ist im Leben des ehemaligen Stürmers von YB, Bayern München und Aarau nichts mehr so, wie es einmal war. Auf dem Weg vom Aarauer Brügglifeld nach Oberentfelden missachtete der Dänen-Bomber ein Rotlicht und kollidierte mit seinem Auto mit einem Zug. Dabei erlitt der 44-Jährige eine schwere Hirnverletzung. Nach dem Unfall lag Lunde 240 Stunden im Koma.
Lunde: «Aus meiner Komaphase kann ich mich nur an etwas erinnern: Ich bemerkte, dass mein Trainer Ottmar Hitzfeld mit einer roten Krawatte an meinem Krankenbett stand. Ich rief ihm «Ciao Ottmar», doch er gab mir keine Antwort.»
Sehr genau kann sich der Däne an den Moment erinnern, als er aus dem Koma aufwachte: «Plötzlich war ich wieder da. Und alles war weiss. Neben meinem Bett standen mein Manager und mein Bruder, der sonst in Dänemark lebt. Ich dachte mir: Was macht mein Bruder hier? Der Arzt beantwortete mir dann ganz behutsam diese und andere Fragen.»
In den nächsten zwei Wochen musste Lunde noch einmal mühsam vieles erlernen, was er sich schon als Kind angeeignet hatte. «Mein grosses Problem war die Koordination, die vom Kleinhirn gesteuert wird. Ich war nicht mehr in der Lage, selbständig meine Zähne zu putzen, ich konnte mich nicht mehr selber anziehen, beim Sitzen verlor ich sofort das Gleichgewicht. Ich brauchte 14 Tage, bis sich das einigermassen normalisierte.
Dafür funktionierte mein Erinnerungsvermögen, das im Grosshirn liegt. So konnte ich mich beispielsweise kurz nach meinem Aufwachen schon wieder an die dänische Telefonnummer meiner Mutter erinnern.»
Bis der Mann, der die Berner Young Boys 1986 mit 21 Toren zum bisher letzten Meistertitel ballerte, wieder ans Fussballspielen dachte, dauerte es relativ lange. «Anfangs war das nur schon aufgrund meiner Physis nicht möglich. Schliesslich habe ich in den zehn Tagen im Koma zehn Kilo Muskelmasse verloren.»
Erst zwei Monate nach dem Unfall hat Lars erstmals wieder gegen einen Lederball getreten. «Das war auf der Dachterrasse von Alain und Rene Sutter. Ich wollte den Ball jonglieren, doch meine Koordination war derart schlecht, dass die Kugel nach einer Minute über das Terrassengeländer in die Tiefe stürzte.»
Die Koordination bekam das Nordlicht nie mehr zu hundert Prozent in den Griff: «In meiner besten Zeit als Torjäger war das Dribbling meine grosse Stärke. Nach dem Unfall war ich nicht einmal mehr in der Lage, einen Baum zu umdribbeln. Darum gelang mir das Comeback als Fussball-Profi nicht mehr». Das heisst aber nicht, dass Lunde ein Comeback des Skifahrers Daniel Albrecht ausschliesst. «Das ist total individuell. Wie es mit ihm weitergeht, wird man erst wissen, wenn er aus dem Koma erwacht.»
Eines möchte Lars seinem Leidensgenossen aus dem Wallis aber schon jetzt auf den Weg geben:
«Daniel sollte die Freude auch dann nicht verlieren, wenn er nie mehr Skirennen fahren sollte. Auch bei mir gab es Momente, in denen ich weinend ins Bett gegangen bin, weil ich nicht mehr so wie früher Fussball spielen konnte. Doch dann wurde mir immer wieder bewusst, welch grosses Glück es ist, dass ich trotz allem noch lebe. Und so sollte das auch Daniel nach seinem Horror-Unfall sehen.»
Übrigens: Das Krankenhaus ist seit seinem Unfall ein wichtiger Teil seines Lebens geblieben – der Vater eines 14-jährigen Buben arbeitet heute im Kantonsspital Aarau als Lagerungspfleger.
Die Messwerte der letzten Kontrolluntersuchung zeigen, dass das Schädel-Hirn-Trauma weiterhin komplikationsfrei verläuft. Aber weil es bei den unteren Lungenlappen immer noch Blutungen gibt, muss der künstliche Tiefschlaf bis auf weiteres beibehalten werden.
Die Messwerte der letzten Kontrolluntersuchung zeigen, dass das Schädel-Hirn-Trauma weiterhin komplikationsfrei verläuft. Aber weil es bei den unteren Lungenlappen immer noch Blutungen gibt, muss der künstliche Tiefschlaf bis auf weiteres beibehalten werden.