Für die offizielle Berufsbezeichnung von Peter Zenhäusern hat es auf der Visitenkarte fast zu wenig Platz: Teamleiter der Präfektur vom Internat des Kollegiums Spiritus Sanctus in Brig. Deutlich klarer zu verstehen ist dass, was der bald 59-Jährige seit 1990 praktisch an jedem Wochenende betreibt – als Reporter für den Oberwalliser Radiosender «RRO» kommentiert er die Spiele vom FC Sitten, EHC Visp und die Ski-Weltcuprennen in der Schweiz.
Vor seinem Einsatz beim Slalom in Adelboden ist Zenhäusern Senior besonders nervös, schliesslich muss sein 2.02 Meter grosser Junior unter schwierigen Voraussetzungen mit der Nummer 1 ins Rennen: «Ramon musste in der Nacht von Freitag auf Samstag oft erbrechen. Ich hoffe, dass seine Kraft trotzdem für einen Platz in den Top-Ten reicht.»
Wegen Nervosität keine Live-Übertragung
Während Ramon das Rennen eröffnet, ist Peter noch nicht live auf Sendung. «Ich habe vor ein paar Jahren mit dem Sender vereinbart, dass ich wegen meiner Nervosität Ramons Fahrten nicht live übertrage. Die erste Schaltung mache ich erst nach seiner Zielankunft.»
Dafür beginnt Peter nach Ramons Start laut mit sich selber zu sprechen. «Das gseht güet üs» frohlockt der gebürtige Bürchner vor der Einfahrt in den finalen Steilhang. Und als der «Büeb» nach einer fehlerfreien Fahrt im Ziel abschwingt, jubelt der Papa: «Besser wäre Ramon auch dann nicht gefahren, wenn er in den letzten Tagen nicht krank gewesen wäre.» Es ist deshalb Zeit für eine erste, entsprechend leidenschaftlich vor getragene Live-Schaltung.
Grosse Euphorie
Doch als das Mikro wieder aus ist, erklärt er seinen Reporter-Kollegen, warum es ihm lieber wäre, wenn der Ramon den ersten Lauf nicht auf einem Top-Platz beendet. Begründung: «Die besten des ersten Durchgangs werden am Schluss vom zweiten Lauf vor allem im Zielhang die schlechtere Sicht haben. Deshalb wäre mir am liebsten, wenn sich Ramon mit einem geringen Rückstand so um den zwölften Rang herum klassieren könnte.»
Dieser Wunsch geht jedoch nicht in Erfüllung. Nur Daniel Yule und Clement Noel fahren schneller als sein «Büeb». Und weil sich bei Halbzeit mit Tanguy Nef und Loic Meillard noch zwei weitere Schweizer in den Top-5 klassieren, überschlägt es Vater Zenhäusern bei seiner letzten Live-Schaltung vom ersten Lauf schier die Stimme: «Äs geit hiä im Häxuchessel z Adelbodä züä wi an dä Schwiiiizermeischturschafftu, vier Schwiizer undr dä erschtu Füüf – so güet si wer i der Weltcup-Gschicht im bimnu Slalom nu gar niä xi!»
«Ein fantastischer Tag für den Schweizer Skisport»
Doch nach 20 Fahrern im zweiten Lauf scheint sich Zenhäuserns Befürchtung zu bewahrheiten – der Schatten im Zielhang wird immer ausgeprägter. Henrik Kristoffersen, bei Halbzeit Achter, übernimmt trotzdem die Führung. «Der wird sehr schwer zu schlagen sein», kommentiert Zenhäusern. Mit dieser Einschätzung liegt er genau richtig.
Loic Meillard scheitert als erster Schweizer an der Vorlage von Norwegens Superstar, Tanguy Nef scheidet aus. Und dann bleibt auch Ramon Zenhäusern um 13. Hundertstel hinter Kristoffersen und schwingt als Dritter ab. «Di hüerä, lumpigä Hunderschtäl» schreit Reporter Zenhäusern verzweifelt. Doch er findet ganz schnell wieder die passenden Worte. Daniel Yules Siegeslauf kommentiert er genau so frenetisch, wie er das bei einem Sieg von seinem Jüngling getan hat.
«Es ist ein fantastischer Tag für den Schweizer Skisport. Und wenn mir am Samstag jemand angeboten hätte, dass Ramon trotz seinen Magen-Darmproblemen Vierter wird, hätte ich sofort unterschrieben.»