Geniale Ski-Technik gepaart mit heroischem Kampfgeist – Sandro Viletta hat alle Eigenschaften für eine ganz grosse Karriere mitgebracht. Dass dieses grandiose Allrounder-Talent trotzdem nie eine Kugel für einen Gesamtweltcupsieg in Empfang nehmen durfte, ist in erster Linie auf riesiges Verletzungspech zurückzuführen.
Nachdem Viletta jahrelang von gravierenden Rückenschmerzen geplagt wurde, wurde der 32-Jährige aus La Punt GR innerhalb von 15 Monaten zwei Kreuzbandrissen gestoppt. Die letzte schwere Knieverletzung hat er im vergangenen März im Europacup in Kvitfjell erlitten. Der leidenschaftliche Bayern München-Fan wollte trotzdem noch einmal in den Weltcup-Zirkus zurückkehren. «Meine letzte Reha ist sehr gut verlaufen. Und nach den ersten Ski-Tagen im Herbst war ich zuversichtlich, dass mir das Comeback gelingt.»
«Kam nicht mehr zurecht»
Doch dieser Optimismus ist in den letzten Wochen immer mehr der Resignation gewichen. «Nach den vielversprechenden Tests auf dem Gletscherschnee bin ich in den November-Trainings auf dem harten, aggressiven Kunstschnee überhaupt nicht mehr zurechtgekommen», gesteht Viletta.
«Bei diesen Verhältnissen sind die Ski viel mehr mit mir gefahren, als ich mit den Ski. Sehr wahrscheinlich hat mein Unterbewusstsein nach den vielen Verletzungen dafür gesorgt, dass ich eine Schutzhaltung einnehme. Dadurch war ich in den letzten Trainingseinheiten viel zu passiv.»
Deshalb hat der Kombinations-Olympiasieger von 2014 heute in Chur seinen Rücktritt erklärt. Stellt sich die Frage: Hat der schwere Sturz von Marc Gisin in Val Gardena seine Entscheidung beeinflusst? Viletta: «Ich habe mich schon ein paar Tage vor Gisins Sturz für den Rücktritt entschieden. Aber der Unfall von Marc hat mir gezeigt, dass meine Entscheidung absolut richtig ist. Gisin ist so schwer gestürzt, obwohl er Top-Fit war. Deshalb kann ich mir ausmalen, was mit mir hätte passieren können, wenn ich in meinem jetzigen Zustand weitergemacht hätte.»
Viletta, der im November 2011 beim Super-G in Beaver Creek seinen einzigen Weltcupsieg bejubelt hat, will dem Skisport aber erhalten bleiben: «Ich werde mit der Ausbildung zum Ski-Trainer beginnen. Ich habe in dieser Funktion Grosses vor.»
Alles Gute, Sandro Viletta!