Klein, niedlich, gemütlich. So ist Cortina d’Ampezzo. Das Städtchen in der Provinz Belluno in Venetien zählt gerade einmal 6000 Einwohner. Nur die Touristen und der jährliche Ski-Weltcup der Frauen sorgen für etwas Wirbel. Doch diesmal ist alles anders – bereits im Frühsommer herrscht helle Aufregung! Der Grund: Die WM-Organisatoren wollen wegen der Corona-Krise die Titelspiele von 2021 um gut ein Jahr verschieben. Unterstützt werden sie vom nationalen Ski-Verband. Und auch vom italienischen Olympischen Komitee. Dessen Präsident Giovanni Malago reichte einen entsprechenden Antrag beim Weltskiverband FIS ein.
«Wir finden es richtig, frühzeitig für Klarheit zu sorgen und einen neuen Termin vorzuschlagen. Wir hoffen auf das Jahr 2022. Dann könnten im Februar in China die olympischen Spiele ausgetragen und im Folgemonat in Cortina um WM-Medaillen gefahren werden», so Malago.
Olympia im Februar, WM im März?
Eine Ski-WM in einem Olympia-Jahr: Das gab es bislang erst einmal. Aber nicht in dieser Form. Weil 1995 in der Sierra Nevada (Sp) zu wenig Schnee lag, wurde die WM auf 1996 verschoben. Damals fanden die Sommerspiele in Atlanta (USA) statt. Jetzt aber könnten die Winterspiele in Peking (Februar) und Ski-WM in Cortina (März) aufeinander folgen.
Malago wünscht sich genau das. «Wenn es im Oktober oder November dieses Jahres noch zu Problemen mit dem Coronavirus kommen sollte, so wäre es unmöglich die Sicherheit aller bei einer WM nur wenige Monate später zu garantieren.» Bürgermeister Gianpietro Ghedina ergänzt: «Cortina verdient einen Event mit allen Sicherheitsvorkehrungen und mit Publikum.»
Die WM ist für die FIS ein Goldesel
Das alles tönt vernünftig. Und doch rumort es im Hintergrund gemäss BLICK-Informationen gewaltig. Dabei geht es auch ums Geld. Ein Insider sagt: «Bereits mit der Absage des Weltcupfinals 2020 verlor Cortina fast zwei Millionen Franken. Nun ist die Angst vor einem noch grösseren finanziellen Debakel da. Darum versucht man nun, die FIS zu erpressen.»
Der Hintergrund: Für den Weltskiverband ist die WM essenziell. Ein Goldesel. Gleichzeitig weiss die FIS, dass zwei Wintersport-Highlights nacheinander alles andere als ideal wären. Kommt dazu, dass die WM 2023 schon vergeben ist (Courchevel/Meribel) und die WM 2025 entweder in Saalbach, Garmisch oder Crans-Montana stattfiden wird. Die FIS ist also unter Druck.
«Situation extrem schwierig»
Genau deshalb hofft man in Italien offenbar, dass die FIS ihren Tresor in Oberhofen am Thunersee öffnet und den WM-Organisatoren unter die Arme greift. Sicher ist: Mit einer Risikogarantie wäre auch die WM 2021 – ohne Zuschauer – durchführbar. «Es wird Druck aufgebaut, klar. Aber es geht auch um den Sponsoring-Markt. Momentan ist die Situation extrem schwierig», sagt Walter Reusser.
Der Alpindirektor von Swiss Ski fühlt mit den Italienern mit. «Es ist legitim, dass sie sich Gedanken über die Finanzen machen. Denn niemand weiss, ob und wann es eine zweite Ansteckungs-Welle geben und welche Folgen sie haben.»
Was passiert mit dem Weltcup?
Genau darin liegt der springende Punkt: Die WM-Organisatoren hätten gerne bereits Anfang Juli reinen Tisch, die FIS jedoch möchte jedoch die Corona-Entwicklung abwarten und erst Ende September entscheiden.
Es gilt schliesslich, auch den Weltcup rund um die WM und Olympia zu planen. Das Fazit? In Cortina ist es mit der Ruhe längst vorbei. Und die FIS steht vor ihrer vielleicht grössten Herausforderung überhaupt.