Lara Gut-Behrami führt als einzige Schweizerin ein Privatteam. Ihr Vater Pauli ist ihr Coach – er ist auf Mandatsbasis von Swiss-Ski angestellt. Und die Tessinerin hat als einzige Schweizerin eine eigene Mediensprecherin. Jahrelang hatte sie mit diesem Modell ausserhalb der normalen Verbandsstrukturen Erfolg. Doch seit ihrem Kreuzbandriss im Februar 2017 kommt sie nicht mehr auf Touren, erreichte angesichts ihres riesigen Talents nur mässige Resultate – zuletzt auch bei der WM in Are. Kritik wurde laut.
Doch nun dies: Gut-Behrami fährt in Crans-Montana eine starke Abfahrt, wird nach dem Zeitmess- Wirrwarr von Rang 4 auf 3 gehievt . Ihr dritter Podestplatz in diesem Winter. Versteht sie ihn als sportliche Antwort an ihre Kritiker? «Jeder darf seine Meinung haben, das respektiere ich», beginnt die 27-Jährige versöhnlich. Doch dann sagt sie klipp und klar: «Kritiken machen dich nicht schnell, sondern die tägliche Arbeit. Und die mache ich, so gut ich kann. Es wäre besser, wenn man diese Arbeit auch respektieren würde. Oft reden jene, die wenig Ahnung haben.»
Spott über Besserwisser
Gut-Behrami betont, dass sie mit ihrer Equipe stets nach Lösungen für Probleme suchen würde. Das Ziel sei stets das gleiche: schneller werden. Darauf würde sie ihre Energie konzentrieren. «Wenn ich morgen bessere Zeiten fahre, ist es nicht, weil es Genies gibt, die besser wissen als ich, was zu tun ist. Sondern weil ich weiterarbeite. Ich habe die gleiche Leidenschaft für den Sport wie mit 17 Jahren.»
Zuletzt meinte Gut-Behramis
Ex-Manager Armin Meier: «Lara ist jetzt 27. Für sie ist es höchste Zeit, dass sie sich beruflich von ihren
Eltern abnabelt.» Der Ex-Radprofi ist überzeugt, dass die Auflösung des Privatteams und eine Integration bei Swiss-Ski für Lara eine grosse Chance bedeuten könnte.
Davon will Gut-Behrami nichts wissen. «Ich habe über zehn Jahre bewiesen, dass das Privatteam überhaupt keine schlechte Lösung ist. Es passt so für mich.» Sie würde stets das Maximum geben – und zwar, bis sie eines Tages mit dem Sport aufhöre. «Und das ist sicher nicht in den nächsten Monaten.»
Eine komplette Integration ins Swiss-Ski-Team scheint also ad acta gelegt. Dabei hatte Verbands-CEO Markus Wolf zuletzt angedeutet, dass er dieses Szenario als gute Variante einschätze. «Pauli war immer eine wichtige Bezugsperson für Lara. Aber Lara hat an Grossanlässen noch nie eine Goldmedaille gewonnen. Sie weiss – hart gesagt – also nicht, wie das geht. Und wir haben im Trainer-Staff viele Trainer, die Athleten zu Gold geführt haben.» Man werde alles Ende Saison mit Gut-Behrami und ihrem Team besprechen, so Wolf. Nach Laras Replik ist klar: Zumindest dieses Thema dürfte im Frühling schnell vom Tisch sein.
Gleichzeitig ist Gut-Behrami überzeugt, dass ihr dritter Platz in Crans mehr als nur eine Momentaufnahme ist. Sondern die logische Folge ihrer Arbeit. «80 Prozent meiner Fahrt waren gut. Aber bei zwei oder drei Kurven stand ich nicht gut auf dem Aussenski, beschleunigte nicht. Da blieben einige Zehntel liegen.»
«Ähnlicher Plan wie ich»
Und etwas will sie doch noch loswerden: Sie sei längst nicht die Einzige, die mit diesem Modell im Skizirkus aufwartet. «In anderen Nationen gibts das auch. Wenn man sieht, wer letztlich regelmässig vorne mitmischt, erkennt man: Da hatte man einen ähnlichen Plan wie ich.» Ilka Stuhec (Sln) etwa, die Doppel-Weltmeisterin in der Abfahrt. Oder Petra Vlhova (Slk), eine der Aufsteigerinnen des Winters. Und schliesslich Mikaela Shiffrin (USA), die Ski-Überfliegerin schlechthin.
Ob Lara künftig auf ein ähnliches Niveau kommt? 2016 gewann sie die grosse Kristallkugel. Davon ist sie momentan – trotz Podestplatz – meilenweit entfernt. Ihrer Überzeugung, auf dem richtigen Weg zu sein, tut dies keinen Abbruch.