Liegt ein Fluch über den Matterhorn-Abfahrten? Im Vorjahr wurden die Rennen der Männer und Frauen abgesagt – es lag zu wenig Schnee. «Damals hatten wir zwei Schnee-Depots, in diesem Jahr fünf», sagt OK-Chef Franz Julen (65). Ironie des Schicksals: Das Problem war zuletzt nicht zu wenig, sondern zu viel Schnee. Frau Holle arbeitete auf Hochtouren, fiel doch in den letzten Tagen über ein Meter Neuschnee – beide Männer-Rennen wurden abgesagt.
«Das tat mir vor allem für den CEO Christian Ziörjen, sein Team und die über 500 Helfer, die eine grossartige Arbeit geleistet haben, weh. Aber wir geben nicht auf, die Maschinerie läuft nach einer kurzen Pause wieder auf Hochtouren Richtung Frauen-Rennen», so Julen kämpferisch.
SRF-Meteorologe: «Recht sonnig und trocken»
Das Problem: Auch für die Abfahrten der Frauen am kommenden Wochenende ist kein stabiles Hochdruckgebiet in Sicht. Jürg Zogg von SRF Meteo sagt dennoch zu Blick: «An beiden Tagen sollte es recht sonnig und trocken werden. Die Frage für Samstag ist, ob der Neuschnee, der in der Nacht davor fällt, rechtzeitig aus der Piste geräumt werden kann.» Für den Sonntag sei er optimistischer, erklärt der Meteorologe. «Ich tippe, dass mindestens eine Abfahrt stattfinden kann.»
Zoggs Worte sind Balsam auf die Wunden der Organisatoren am Matterhorn. Julen: «Diese verheissungsvollen Prognosen decken sich auch mit jenen unserer Wetter-Experten. Ab Donnerstag sind wir optimistisch.» Gemäss FIS-Reglement muss mindestens ein Training absolviert werden, damit eine Abfahrt stattfinden kann – jenes am Mittwoch dürfte schwierig werden, am Donnerstag und Freitag wäre es aber wohl möglich, dass Corinne Suter (29) und ihre Kolleginnen starten können.
Fünfjahresstrategie, aber kein Vertrag
Während die Zermatter Organisatoren auf die nächsten Aufgaben fokussiert sind, fragen sich viele bereits, wie es 2024 mit den Matterhorn-Rennen weitergehen wird. Geht es überhaupt weiter? Julen stellt klar: «Wir haben eine Fünfjahresstrategie mit der FIS, dem italienischen und dem Schweizer Skiverband.» Das ist zwar kein Vertrag, für ihn sei die Abmachung aber klar – und auch Ehrensache. «Für mich ist es wie ein Vertrag. Wir diskutieren auch ständig, was wir verbessern können. Der Austausch ist hervorragend.»
Fakt ist: Von den Vorschlägen der ehemaligen Ski-Asse Marc Berthod (39), Hans Knauss (52) und Felix Neureuther (39), die Rennen in den März zu verschieben, hält Julen wenig. Das hat er immer betont. Er nennt vier Gründe, die dagegen sprechen. Erstens: Das Ganze wäre nicht finanzierbar: «Die FIS hat uns gefragt, ob wir in den März gehen könnten. Aber das funktioniert nicht, weil unsere Sponsoren Werbung mit Sommersportarten machen wollen, aber nicht fürs Skifahren. Keiner will im März in den Wintersport investieren.»
Dies sei für den November ganz anders gewesen, man habe alle Sponsoring-Pakete für das Speed-Opening innert drei Monaten verkauft.
Der zweite Grund, der laut Julen gegen März-Rennen spricht: der immense Aufwand auf dem Gletscher. «Dann müssten wir zuerst eine vier bis sechs Meter Schneedecke wegstossen, um bis auf den Gletscher zu gelangen. Danach müssen die Spalten genauso gesichert werden wie im Herbst.»
Drittens: Im März seien die Hotels voll, der Ski-Tross hätte gar keinen Platz – weder in Zermatt, noch Cervinia (It). Und viertens: Weil im Gegensatz zum November das komplette Skigebiet zu dieser Zeit für Touristen offen ist, müssen die Bergbahnen Nacht für Nacht 360 Kilometer Pisten präparieren. «Da können wir die Gran Becca nicht mehr so bereitstellen, wie es für eine solche Veranstaltung nötig ist.»
So oder so ist klar: Die Rennen am Matterhorn werden weiter zu reden geben – wenn es denn endlich Rennen gibt. Sie würden einer Erlösung gleichen.