Adelboden, Freitag, der 10. Januar. Es ist kurz vor Mitternacht. Im «Vogellisi-Dörfli» nähert sich die Stimmung am Abend vor dem Klassiker am «Chuenisbärgli» ihrem Siedepunkt. Felix Neureuther, seit seinem Rücktritt im letzten Frühling als Ski-Experte für die ARD im Einsatz, geniesst das gesellige Treiben von einem Barhocker aus.
«Hallo Felix, kennst du mich noch?»
Plötzlich wird der Deutsche, der 2014 in Adelboden den Riesenslalom gewann, von einem Blondschopf mit welschem Akzent angesprochen: «Hallo Felix, kennst du mich noch?» Neureuther denkt scharf nach, bis ihm sein Gegenüber auf die Sprünge hilft: «Ich bin im letzten Winter mit dir zusammen noch Rennen gefahren, ich bin der Tanguy Nef.»
Felix reagiert begeistert: «Ich finde es echt cool, dass ich dich um diese Zeit noch im Ausgang treffe. Du wirst doch hier auch am Rennstart stehen, oder?» Tanguy nickt: «Ja, aber weil ich ja nur im Slalom am Sonntag starte, kann ich am Samstag ja ausschlafen.»
Dass der 23-jährige Sohn eines Universitätsprofessors am Rennstart immer hellwach ist, hat er bei den Rennen im Berner Oberland bewiesen: In Adelboden fährt er im ersten Lauf mit der Nummer 23 in grandioser Manier auf Rang 4, scheidet dann leider im Final aus.
Ein Happy End gibt es für den Mann, der neben dem Rennsport ein Informatik- und Wirtschaftsstudium am Dartmouth College im US-Bundesstaat New Hampshire absolviert, dafür in Wengen. Der 8. Rang beim Lauberhorn-Slalom entspricht nach dem 6. Platz in Madonna di Campiglio Tanguys zweitbestem Weltcup-Ergebnis.
«Nef bringt alles mit für eine ganz grosse Slalom-Karriere»
Für Neureuther wäre es keine Überraschung, wenn Nef am Sonntag in Kitzbühel noch weiter vorne landen würde. «Dieser richtig coole Typ bringt alles mit für eine ganz grosse Slalom-Karriere. Tanguy hat mir bei unserer zufälligen Begegnung in Adelboden gezeigt, dass er neben dem grossen sportlichen Talent auch die nötige Lockerheit mitbringt. Es ist nämlich ganz wichtig, dass sich ein Rennfahrer auch mal ins Nachtleben begibt, um auf andere Gedanken zu kommen.»
Tanguy Nef wird am Sonntag in Gedanken auch bei seinem vier Jahre jüngeren Bruder sein. Der vom Sotos-Syndrom beeinträchtigte Arsène Nef will sich in Villars als Skirennfahrer für die Special Olympics qualifizieren.
Jetzt wird wieder durch den Stangenwald getanzt und die Abfahrtspisten runter gedonnert. Hier findest du alles, was du über die neue Ski-Saison wissen musst.
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