Vor elf Monaten liefert Urs Kryenbühl (25) in Beaver Creek einen heftigen Schocker – der Schwyzer wird beim von Schneefall geprägten Super-G von einer eingenebelten Rippe abgehoben und landet nach einem üblen Überschlag im Fangzaun. Dabei erleidet er einen Anriss des Innenbandes im Knie und eine Gehirnerschütterung, die er nach seinem Rückflug in die Schweiz in einer Dunkelkammer auskuriert.
In der Zwischenzeit fühlt sich der 25-jährige Speed-Spezialist aus Unteriberg wieder richtig gut. Auch wegen einer gravierenden Änderung auf dem Menüplan. Kryenbühl, der früher als Käse- und Cordon-Bleu-Liebhaber bekannt war, ernährt sich seit ein paar Monaten vorwiegend vegan.
Von Hungergefühl geplagt
Ausschlaggebend war der Film «Game Changer», in dem Superstars wie Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton oder Schauspieler und «Terminator» Arnold Schwarzenegger erzählen, wie sie durch den Verzicht von tierischen Produkten ihre Leistung steigern konnten.
Seit er diesen Film gesehen hat, ernährt sich der Abfahrts-Schweizer-Meister von 2014 in erster Linie von im Wok zubereitetem Gemüse, Kartoffeln oder Reis. Und anstatt Kuh- trinkt er Mandelmilch. «In den ersten Tagen wurde ich oft von einem Hungergefühl geplagt, und der Verzicht von Käse ist mir besonders schwergefallen. Aber mittlerweile fühle ich mich bestens genährt, und ich bringe sogar zwei Kilo mehr auf die Waage als vor meiner Ernährungsumstellung.»
«Ich möchte es ausprobieren»
Kryenbühl legt aber grossen Wert auf die Feststellung, dass sein Ernährungswandel nicht auf ethischen Überlegungen basiert: «Ich kann nach wie vor sehr gut verstehen, wenn jemand jeden Tag Fleisch oder Käse isst. Gut möglich, dass ich das eines Tages selber wieder tun werde. Aber jetzt möchte ich einfach ausprobieren, ob ich als Veganer meine sportliche Leistung wirklich steigern kann.»
Und Kryenbühl ist längst nicht der einzige Swiss-Ski- Athlet mit einem besonderen Menüplan – Gilles Roulin, Ralph Weber, Cédrig Noger und Tanguy Nef ernähren sich schon seit längerer Zeit vorwiegend vegetarisch. Österreichs Abfahrts-Chef Sepp Brunner berichtet, «dass sich auch im ÖSV-Team immer mehr junge Athleten vegan oder vegetarisch ernähren».
Odermatt bleibt bei Fleisch und Co
Riesen-Talent Marco Odermatt (22) gehört aber zu den jungen Hoffnungsträgern, die sich auch in Zukunft in altbewährter Manier verpflegen wollen: «Man sollte nicht vergessen, dass auch Beat Feuz oder Dominik Paris grosse sportliche Erfolge feiern, obwohl deren Speiseplan alles andere als vegan ist. Und ich fühle mich dann am stärksten, wenn ich mich ausgewogen mit Fleisch, Reis, Kohlenhydraten, Gemüse und Milchprodukten ernähren kann.»
Und deshalb hat sich Odermatt am Donnerstagabendabend mit Beat Feuz im Lake Louise Post Hotel, welches von den in Winterthur geborenen Gebrüdern Schwarz geführt wird, ein Käsefondue genehmigt.