Liebe kennt keine Distanzen! Lara Gut unterbricht ihr mehrwöchiges Trainingslager in Chile und fliegt am vergangenen Wochenende zurück in die Heimat, um ihren Ehemann Valon Behrami zu besuchen. «Ich komme!», schreibt die Tessinerin am Samstag auf Instagram voller Vorfreude – Herzchen-Bilder inklusive.
Einige Stunden und 10'000 Flugkilometer später stellt sie das Foto eines riesigen Rosenstrausses ins Netz, davor ein eingerahmtes Bild ihrer Hochzeit – offensichtlich ein Willkommensgeschenk des Nati-Stars. «Wegen des schlechten Wetters hat Lara die Möglichkeit für eine Trainingspause genutzt», sagt Mediensprecherin Giulia Candiago.
Schon am Montag reist die Gesamtweltcupsiegerin von 2016 zurück – diesmal nicht nach La Parva, sondern nach Valle Nevado. Dort wird sie bis zum 22. September weiter an Form und Material feilen, um für den Saisonstart am 27. Oktober in Sölden (Ö) bereit zu sein.
Behrami schwärmt: «Unsere Liebe ist überwältigend»
Behrami, der am Sonntag mit seinem Team Udinese in Florenz gastierte, freute sich riesig über Laras Besuch. «Sie kam mich für zwei Tage aus Chile besuchen. Unsere Liebe ist überwältigend», sagte er gegenüber der «Gazzetta dello Sport». Und lobte seine Herzensdame in höchsten Tönen: «Lara braucht weder Luxus-Hotels, dicke Schlitten noch super Geschenke. Sie punktet mit ihrer Einfachheit.»
Und vor allem punktet sie am Sonntagabend dann auch mit Worten. Auf Facebook öffnet Lara ihr Herz und gibt ihren Followern einen tiefen Einblick in ihr Seelenleben. Sie richtet bewegende Worte an ihre Familie, Freunde und ihren Mann. Hier ihre Botschaft im Wortlaut.
Mit diesem Brief öffnet Lara ihr Herz
«Und wenn es eben einfach nur Liebe ist?
Ich habe immer so sehr gelitten, dass mein Vater angegriffen wurde. Ich wäre zu jeder Person gegangen, die ihn kritisiert, um ihm zu sagen: ‹Papa ist der einzige, der immer neben mir steht, er hat nie zugelassen, dass ich untergehe, wenn ich am ertrinken war und er hat mich nie alleine gelassen in dieser Welt, wo wir mehr als Ware denn als humane Wesen behandelt werden. Also bitte, halt die Klappe, denn du wärst nicht in der Lage, nur ein Tausendstel von dem zu machen, was Papa für mich getan hat.›
Über Jahre hatte ich daran zu nagen, wenn ich Interviews an eine bestimmte Zeitung geben musste, weil sie alles verzerrten, aber vor allem, weil sie nicht aufhören, den Namen meines Bruders mit dem ‹J› zu schreiben, und ich habe das als Mangel an Respekt gesehen. Das erste mal, als sich ein Reporter in der Zeitung entschuldigte – Ian mit dem I, oder? – habe ich mich beruhigt.
Ganz zu schweigen, wie schlecht es mir ging, als ich all diese Briefe der Beleidigungen, Drohungen und verschiedenen Verrücktheiten entdeckt habe, die meine Mutter jahrelang zu Hause erhalten hat, als sie dort alleine war. Sie liess sie mich nicht sehen, damit es mir nicht noch schlechter gehen würde. Sie, die sich immer vierteilte, um die Familie zusammenzuhalten, damit es uns an nichts fehlt, damit wir uns sicher fühlen – und es gab tatsächlich Leute, die es wagten, sie zu beleidigen.
Wenn ich darüber nachdenke, kommen mir noch jetzt die Tränen und ich frage mich: ‹Warum nur?› Ich nahm diesen Weg letztlich nur, damit ich Ski fahren und meinen Traum leben kann.
Als Kind, als Mädchen, als junge Frau, träumte ich weiter. Weil jemand sagte: ‹Wir sind aus dem gleichen Holz geschnitzt, aus dem auch Träume gemacht werden.› Und ich stimme dem zu. Wie können wir ein schöneres Leben wollen, wenn wir immer nur die anderen ansehen? Wie können wir hoffen, dass es schöne Dinge gibt, wenn wir alles abfällig kommentieren, was um uns herum passiert? Wie können wir hoffen, dass uns etwas jeden Morgen mit einem Lächeln wecken lässt, wenn wir die ersten sind, die sich selbst Grenzen setzen und nicht daran glauben wollen? Und vor allem, wie können wir träumen, wenn wir nicht den Mut haben, die Augen zu schliessen und auf unser Inneres zu hören?
Ich bin eine Person, ich bin Tochter, ich bin Schwester, ich bin auch Ehefrau und Tante, ich bin eine Freundin, Schwiegertochter, Schwägerin und ja, auch eine Sportlerin. Und man kann all diese ‹Rollen› zu 100 % leben, man muss aufhören zu glauben, dass das eine nur auf Kosten des anderen geht. Deshalb verzeiht mir, wenn ich mich hier auslasse und wenn die Wahrheit euch zu offensichtlich scheint, um wahr zu sein. Aber ich habe aus Liebe geheiratet, das ist alles. Ich wuchs zwischen Büchern, Gefühlen, Emotionen und echten Menschen auf, die davon überzeugt sind, dass die grosse Liebe existiert. Ich habe meine Eltern immer bewundert, die Kraft und das Vertrauen, die sich gegenseitig im Lauf des Lebens gegeben haben. Und als ich dann die Person kennengelernt habe, die mich zu Hause fühlen lassen hat, die in mein Innerstes eintrat, wusste ich, dass ich gefunden habe, wer mich täglich begleiten würde, einen Schritt nach dem anderen.
Nein, ich bin nicht schwanger. Ich trinke Wasser, weil ich immer Abstinenzlerin war, ich lebe zwischen Lugano und Udine, weil ich lieber zwei Minuten mehr mit Valon als weniger verbringen will. In meinen freien Tagen springe ich auf ein Flugzeug und komme nach Hause, weil es hunderttausend mal besser ist, als den Tag mit einem Videoanruf zu verbringen. Und nein, zu leben schadet einer Sportler-Karriere nicht, vertraut mir.
Ich werde weiter Ski fahren, bis ich spüre, dass die Leidenschaft in mir, die Lust, mich auf der Strecke zu messen, die Nervosität, wenn mir etwas nicht gut gelingt, die Befriedigung, eine Kurve so zu nehmen, wie ich es mir vorgestellt habe, der Wunsch, mich zu verbessern, der Effekt des Adrenalins vor einem Rennen, erloschen sind... Aber ich werde nicht nur das sein. Denn das ist nur mein Athletendasein.
Im Dezember frage ich Mama immer, ob wir zusammen die Kekse für Weihnachten backen, so wie wir es früher gemacht haben, als ich klein war. Ich springe meinem Mann jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, in den Arm. Ich werde wieder Pferde staunen, wie perfekt Papa zeichnen kann. Ich stelle meinen Wecker an meinem einzigen freien Tag im Tessin, um mit meiner besten Freundin nach der Nachtschicht zu frühstücken. Ich werde Pizza mit den Jungs zu Hause machen, ich werde meinen Bruder verteidigen und ich werde noch mehr Nachmittage mit ihm am See oder auf dem Sofa meiner Schwiegereltern verbringen, um die Spiele von Valon zu sehen, wenn ich nicht vor Ort dabei sein kann.
Das nämlich nennt sich Leben und es sind diese Momente, die für immer in meinem Herzen bleiben. Und ja, vielleicht wirke ich nun etwas menschlicher, denn ich habe zu oft meine Gefühle hinter der Athleten-Fassade versteckt; Gewinnen ist schön, aber der wahre Erfolg ist, mit einem glücklichen Herzen zu glänzen.
Lara»