Was Franjo von Allmen zu Beginn seiner ersten Weltcup-Saison leistet, ist kaum zu überbieten. Bei seiner Premiere auf der Grödener Saslong donnert der 22-jährige Berner Oberländer als Neunter (im Super-G) und Zwölfter (in der Original-Abfahrt) kurz vor Weihnachten in die erweiterte Weltklasse.
Aber während von Allmen nach diesen Rennen von vielen Experten mit Lob überhäuft wird, hebt der Schweizer Abfahrts-Trainer Reto Nydegger den Warnfinger: «Ich glaube ja auch daran, dass Franjo längerfristig super wird. Aber bei ihm müssen wir besonders aufpassen, dass er gesund bleibt. Franjo ist abschnittsweise noch viel zu wild unterwegs. Und wenn sich das nicht ändert, wird das nicht immer gut gehen.»
Beobachter Berthod traut seinen Augen kaum
Elf Tage später wird dem gelernten Zimmermann der jugendliche Übermut im zweiten Training auf der berüchtigten Stelvio in Bormio tatsächlich fast zum Verhängnis. Nach einer beeindruckenden Zwischenzeit (nur 16 Hundertstel hinter der Bestzeit von Aleksander Aamodt Kilde) wartet «FvA» kurz nach dem Super-G-Start mit zu viel Innenlage auf und rutscht seitlich weg. Die meisten Beobachter sehen den Draufgänger aus Boltigen bereits im Fangzaun. Doch von Allmen rettet sich in dieser aussichtslos anmutenden Situation und erreicht das Ziel mit der 41. Zeit. «Ich hatte zwei Möglichkeiten: ins Netz fliegen oder dagegenhalten und aufstehen. Mir war klar, dass es für mich gesünder ist, wenn ich vor dem Zaun aufstehe», erzählt von Allmen augenzwinkernd.
SRF-Experte Marc Berthod kann fast nicht glauben, was er da gesehen hat: «Ich habe zuvor noch nie einen Abfahrer gesehen, der in seinem ersten Jahr auf dieser extrem schwierigen Stelvio derart mutig attackiert hat, wie das Franjo getan hat. Und seine Rettungsaktion war grosse Klasse!»
Packt er im Rennen die Feuz-Raketen aus?
Und von Allmen scheint danach im Rekordtempo die richtigen Schlüsse aus diesem Schocker zu ziehen. «Ich habe die Kurve viel zu früh angesetzt, was aufgrund der heftigen Schläge auf der Piste nicht gut gehen konnte. Auf der einen Seite ist es ärgerlich, dass mir das passiert ist. Anderseits kann ich aus diesem Zwischenfall viel lernen.»
Einiges gelernt hat der dreifache Junioren-Vize-Weltmeister von 2022, welcher am Fusse des Jaunpasses aufgewachsen ist, auch vom abgetretenen Olympiasieger Beat Feuz. «Ich konnte im letzten Jahr in Zermatt einen Trainingsblock mit Beat absolvieren, in dem er mir einige sehr wertvolle Inputs gegeben hat.»
Vom «Kugelblitz» hat Franjo auch zwei paar besonders schnelle Head-Ski geerbt. Wird von Allmen mit Feuz-Ski die Abfahrt auf der Stelvio bestreiten? «Um diese Frage abschliessend beantworten zu können, muss ich zuerst mit meinem Servicemann Rücksprache nehmen.»