Manchmal ist die Skiwelt eben doch viel eher ein Dorf. Warum? Im Dezember 1999 gewinnt der Oberwalliser Didier Plaschy zwanzig Jahre nach Edy Bruggmann (†71) als zweiter Schweizer den Slalom-Klassiker im slowenischen Kranjska Gora.
Dieser Plaschy ist ein paar Jahre später der einzige Nachwuchstrainer im Wallis, der daran glaubt, dass Ramon Zenhäusern trotz seiner Körpergrösse von zwei Metern mit den kurzen Slalom-Ski Weltcuprennen gewinnen kann. Plaschy schleift den Doppelmeter aus Visp zusammen mit Swiss-Ski-Slalomchef Matteo Joris, bis sich gestern ein Kreis schliesst – Zenhäusern gewinnt als erster Skigenosse seit seinem Jugendtrainer den Kranjska- Gora-Slalom!
«Ramon, jetzt musst du deine Eier auspacken»
Dabei deutet zur Halbzeit wenig darauf hin, dass der Olympia-Zweite nach zwei Weltcupsiegen im Parallelslalom auf dem so geschichtsträchtigen Podkoren-Hang seinen ersten grossen Sieg im Spezialslalom einfahren kann – Zenhäusern liegt als Siebter neun Zehntel hinter Halbzeit-Leader Henrik Kristoffersen. Und der vom Österreicher Paul Schwarzacher sehr direkt gesetzte zweite Lauf spricht auch nicht unbedingt für den Walliser.
«In der Vergangenheit bin ich in so pfeifengeraden Läufen viel zu verhalten gefahren», gesteht der 26-Jährige. «Deshalb habe ich vor dem Start zu mir gesagt: Ramon, jetzt musst du deine Eier auspacken, das Hirn ausschalten und einfach nur Vollgas geben!» Dieses Vorhaben gelingt Zenhäusern perfekt, er nimmt den Superstars Hirscher und Kristoffersen eineinhalb und zwei Sekunden ab!
Deutschlands Slalom-Legende Frank Wörndl (Weltmeister 1987) kommentiert diese Leistung mit entsprechenden Superlativen: «Ramon ist eine Jahrzehntefahrt geglückt, wie ich sie in den letzten 20 Jahren höchstens von Marcel Hirscher oder Hermann Maier gesehen habe.»
Jetzt ist Ramon im Weltcup der Grösste
Und Zenhäusern bestätigt nach dem Lauf seines Lebens gegenüber BLICK, dass er sich bis jetzt ganz bewusst kleiner gemacht hat, als er wirklich ist: «Ich habe ja immer erzählt, dass ich zwei Meter lang bin. Mit zwanzig Jahren hat das auch der Wahrheit entsprochen. Aber als ich vor ein paar Jahren bei einer ärztlichen Untersuchung noch einmal gemessen wurde, hat man festgestellt, dass ich sogar 2,02 Meter lang bin.»
Aber warum hat Zenhäusern so lange ein Geheimnis daraus gemacht? «Nach Absprache mit meinem Mentaltrainer habe ich entschieden, dass ich meine wahre Körpergrösse erst nach meinem ersten grossen Slalomsieg öffentlich mache.»
Bis jetzt war Zenhäusern im Skizirkus auf dem Papier hinter US-Abfahrer Bryce Bennett nur der zweitgrösste Athlet. Jetzt ist klar, dass Ramon im Weltcup der grösste ist. Bennett, der «lange Lulatsch» aus dem US-Team, ist einen Zentimeter kürzer …