Die Tränen sind getrocknet, das Lächeln ist zurück: Lara Gut greift zehn Tage nach ihrem enttäuschenden Olympia-Abenteuer wieder an. In Crans-Montana kämpft die 26-Jährige im Super-G um die Kristallkugel, 18 Punkte liegt sie zwei Rennen vor Saisonende vor Tina Weirather (Lie). «Ich rede erst darüber, wenn ich sie gewonnen habe», sagt Gut und schmunzelt.
Physisch sei sie topfit, die Schmerzen nach dem Schlag aufs Knie bei der Abfahrt in Pyeongchang sind weg. Aber wie sieht es im Kopf aus? Lara: «Als ich vor einer Woche aus dem Flugzeug stieg, wusste ich: Olympia ist vorbei. Ich habe nicht die Zeit, um darüber nachzudenken, was hätte sein können.»
«Ich war wieder drei Tage lang ein ‹normaler› Mensch»
Gleichzeitig nutzte Gut die kurze Zeit zu Hause, um abzuschalten. Mit der Familie, ihrem Freund und Kollegen. «Ich war wieder drei Tage lang ein ‹normaler› Mensch. Es tat gut, durchzuatmen. Das habe ich gebraucht. Aber nicht, weil Südkorea eine Katastrophe war und ich etwas verdauen musste. Sondern weil ich abschalten wollte.»
Auch in den sozialen Medien hörte und sah man kaum etwas von der Tessinerin. Etwas fiel dann aber trotzdem auf: Lara gönnte sich einen Besuch beim Coiffeur. Frei nach dem Motto: Neue Frisur, neues Glück? Lara verneint. Eine tiefere Symbolik – zum Beispiel für einen Neuanfang – habe das nicht. «Ich habe mir nur die Spitzen schneiden lassen! Das muss ja zwischendurch auch mal sein», meint sie lachend.
Guts offene Rechnung
So oder so: Gut ist bereit für den Saison-Endspurt. Die Piste «Mont Lachaux» gefällt ihr – auch wenn sie keine wirklich gute Erinnerungen an sie hat. «Ich war schon oft hier, aber die Rennen wurden fast immer abgesagt», sagt sie. Tatsächlich: Nur 2014 konnte die Tessinerin starten. Nach einer Trainingsbestzeit schied sie dann in der Abfahrt allerdings aus.
Dass dies für den Super-G nichts heissen muss, wissen alle – auch Cheftrainer Hans Flatscher. «Im Super-G hat sie noch eine Rechnung offen», so der Österreicher. Er blickt also doch noch einmal auf Olympia zurück.
Und auch Lara sagt: «Wäre ich damals 12 Hundertstel schneller gewesen, hätte man mich als Heldin gefeiert. So aber klappte es wieder nicht mit Gold. Was nicht heisst, dass alles schlecht ist. Vor einem Jahr war ich schwer verletzt. Nun kämpfe ich um eine Kristallkugel – das ist für mich bereits jetzt ein Erfolg.»