Als Corinne Suter gestern Montag um 15.49 Uhr am Flughafen in Zürich landet, hat sie nicht nur drei Glaspokale und einen Cowboy-Hut im Gepäck, sondern auch Erinnerungen fürs Leben. «Beim vielleicht letzten Rennen in Lake Louise zu gewinnen, ist unglaublich. Ich mag diesen Ort so sehr und habe mir das immer gewünscht», sagt sie glücklich.
Auf der zwölf Stunden langen Reise von Calgary (Ka) über Frankfurt (De) nach Kloten fand Suter Ruhe, um das Erlebte sacken zu lassen. Sie dachte zurück an die erste Abfahrt, wo sie bei minus 20 Grad Lufttemperatur hauchdünn am Sieg vorbeischrammte – ihr fehlten vier Hundertstel. Sie erinnerte sich an die zweite Abfahrt, bei der sie Dritte wurde. Vor allem aber gingen ihr die Bilder ihres fünften Weltcupsiegs, dem zweiten im Super-G, durch den Kopf: «Ich habe das Rennen heruntergeladen und es auf dem Tablet angeschaut. Allerdings bin ich irgendwann eingeschlummert, die lange Zeit inklusive des Trainingscamps in Copper Mountain war doch anstrengend.»
Trotzdem sieht Suter ihre Siegesfahrt noch. Und auch jene ihrer grössten Konkurrentinnen. «Als Cornelia Hütter unterwegs war, rutschte mir das Herz in die Hose. Sie war unglaublich schnell. Dass sie letztlich zwei Hundertstel langsamer war, ist bitter für sie. Trotzdem hat sie mir gratuliert – das finde ich sehr schön. Wir Athletinnen wissen, dass man manchmal die Hundertstel auf seiner Seite hat und manchmal eben nicht.»
Ungewissheit ist verflogen
Der Saisonstart ist Suter mehr als nur geglückt. Sie holte 240 von möglichen 300 Punkten. Damit liegt sie gemeinsam mit Wendy Holdener (29) im Gesamtweltcup auf Rang 3. US-Star Mikaela Shiffrin (27) hat als Erste nur 25 Punkte mehr. Schielt Suter ein nun wenig auf die grosse Kristallkugel? «Nein. Mein Fokus liegt ganz klar auf den Speed-Disziplinen», sagt sie. Genau darum lässt sie auch den Riesenslalom in Sestriere am kommenden Samstag aus. Sie wird zu Hause in Flüelen UR die Batterien aufladen und am Sonntag nach St. Moritz GR reisen, um sich dort perfekt auf die Speed-Triplette (zwei Abfahrten, ein Super-G) vom 16. bis 18. Dezember vorzubereiten.
Sicher ist: Suter wird mit der Gewissheit, stark in Form zu sein, ins Engadin reisen. «Der letzte Sommer war der strengste in meiner Karriere. Ich hatte nach dem Olympiasieg viele Termine. Das war schön, aber auch anstrengend. Darum war ich mir nicht sicher, wie gut ich drauf bin. Deshalb spüre ich derzeit nicht nur Freude, sondern auch Erleichterung.»
«Nehme es gelassener»
Diese Lockerheit wird auch im Gespräch deutlich. Die Schwyzerin ist trotz der Strapazen entspannt. Genau dieses Gefühl will sie auch in den nächsten Monaten und Jahren mitnehmen. «Klar, jedes Rennen fängt bei null an. Stehe ich im Starthaus, spüre ich immer eine Anspannung. Aber das ganze Drumherum nehme ich heute gelassener als früher.»
Der Hauptgrund dafür: Suter hat mit zwei kleinen Kristallkugeln (Abfahrt und Super-G), dazu WM-Gold und Olympiagold in der Abfahrt alles gewonnen, was es für eine Speed-Spezialistin zu gewinnen gibt. «Und nun habe ich auch in Lake Louise gewonnen. Das war mir wichtig, denn ich mag den Ort sehr, und vielleicht fahren wir nie mehr dort», sagt sie.