«Mein Freund verdient Bronze»
Corinne Suter packt aus

Erster Sieg und Platz 1 im Abfahrtsweltcup: Corinne Suter (25) lässt die Ski-Fans träumen. Im Interview erklärt sie ihren Aufstieg, sie spricht über eine Panik-Attacke beim Tauchen und sagt, welchen Anteil Freund Angelo an ihren WM-Medaillen hat.
Publiziert: 24.01.2020 um 00:04 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2020 um 05:55 Uhr
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Corinne Suter trägt zum ersten Mal die rote Startnummer als Führende in der Abfahrt-Wertung.
Foto: keystone-sda.ch
Mathias Germann

BLICK: Corinne Suter, mit welcher Note waren Sie in der Schule zufrieden?
Corinne Suter: Mit der sechs.

Schafften Sie das häufig?
Ja, ab und zu schon.

Welche Note würden Sie sich für diesen Winter geben?
Vor dem Sieg in Altenmarkt-Zauchensee hätte ich mir eine 5 gegeben. Jetzt erhöhe ich auf 5,25 (lacht).

Ist es wie in der Schule – sprich das macht sie nicht zufrieden?
Doch, ich bin happy. Aber es ist gut, immer einen Ansporn zu haben.

Sie haben die rote Nummer als Führende in der Abfahrtswertung. Was ist das für ein Gefühl?
Es ist mein grosses Ziel, eine Kristallkugel in einer Disziplinen-Wertung zu gewinnen. Denn dafür muss man über den ganzen Winter konstant gute Leistungen zeigen. Dass ich jetzt vorne liege, ist wirklich speziell – aber ich versuche, nicht daran zu denken.

Sie machen in dieser Saison da weiter, wo sie im letzten Winter aufgehört haben. Wie haben Sie es geschafft, den Drive über den Sommer mitzunehmen?
Der grosse Druck, der auf mir lastete, ist weg. Ich denke, das war das Erfolgsrezept.

Und sonst?
Ich habe auch technische Fortschritte gemacht. Auch das Material und der Kopf passen. Wir konnten überall kleine Schritte vorwärts machen.

Sind Sie heute am Start ruhiger als früher?
Die guten Resultate zeigen mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Ich habe jedenfalls die Bestätigung, dass ich im Sommer nicht alles falsch gemacht habe.

Schielen Sie überhaupt noch zur Konkurrenz rüber?
Ja, denn die anderen Fahrerinnen schlafen nicht. Da schaue ich schon auch nach links und nach rechts. Würde ich nur auf mich fokussieren, würde mich jemand irgendwann überholen. Aber da geht es vor allem um die Fahrten der Konkurrentinnen – in der Vorbereitung und am Start habe ich meine eigenen Abläufe.

Sie sind erst 25, haben aber schon viel Erfahrung. Wie entscheidend ist sie?
Bevor ich zu einem Rennen fahre, weiss ich mittlerweile bereits, wie die Topographie aussieht. Was auf dem Hang entscheidend ist. Das hilft mir sehr.

Im letzten Sommer waren sie ausgebrannt, mussten den Kopf lüften.
Ja, ich war sehr müde. Die Ferien in Thailand waren wunderbar, da konnte ich komplett abschalten.

Sie haben auch einen bösen Schrecken erlebt, oder?
Ja (lacht)! Ich muss jetzt lachen, aber damals war mir überhaupt nicht danach zumute.

Erzählen Sie bitte.
Ich ging mit meinem Freund Angelo erstmals überhaupt in meinem Leben Tauchen. Wir hatten eine Einleitung am Pool und gingen dann aufs Meer. Alles lief gut, doch in etwa 12 Meter Tiefe sah ich plötzlich einen riesigen Fisch auf mich zuschwimmen. Er kam immer näher, ich sah nur noch seine Zähne und dachte: Jetzt beisst er mich!

Was geschah dann?
Der Fisch drehte im letzten Moment ab, kam dann aber wieder. Unsere Tauchlehrerin klopfte auf meinen Arm und zeigte mir an, dass wir sofort an die Oberfläche schwimmen sollten.

Was für ein Fisch war es?
Unsere Tauchlehrerin sagte, es sei ein Drückerfisch gewesen. Wir waren wohl in sein Revier eingedrungen. Diese Fische warnen zwei bis drei Mal und beissen dann zu. Ich hatte Panik! Aber später tauchten wir wieder. Es ist wie beim Skifahren: Wenn man stürzt, sollte man gleich wieder auf die Ski und weiterfahren – sonst überlegt man zu viel (schmunzelt).

Mit 120 km/h auf den Ski haben Sie keine Angst.
Ich stehe so oft auf den Ski, das ist normal. Aber in Thailand war es eine völlig neue Situation.

Was gibt Ihnen Ihr Freund Angelo?
Wir haben die gleiche Wellenlänge, er versteht mich. Klar, wir haben sehr unterschiedliche Leben. Und dennoch unterstützt er mich überall, wo es geht.

Er war auch bei der WM in Are dabei. War er mitentscheidend für den Gewinn Ihrer Silber- und Bronzemedaille?
Es ist schwierig, das zu beziffern. Aber eine WM-Medaille gehört sicher auch ihm.

Welche?
Bronze – es braucht ja noch Luft nach oben (lacht)!

Vor ihrem Aufstieg in die Weltspitze haben Sie nach schlechten Fahrten im Zielraum oft geweint. Waren sie zu emotional?
Gefühle sind gut. Aber es stimmt, früher zog ich mich oft selbst in einen Negativstrudel. Es kam vor, dass ich eine Woche lang mit niemandem mehr reden wollte. Das ist heute anders – auch dank Mentaltraining. Ich analysiere meine Fahrten, hake sie ab und schaue nach vorne.

Ist es Ihr Erfolgsrezept?
Auf jeden Fall. Denn früher klaute mir die Verarbeitung von schlechten Leistungen sehr viel Energie.

Sie werden auf der Strasse immer öfter angesprochen. Nervt das?
Nein, es ist schön. Die Leute freuen sich mit mir. Aber es kann schon auch anstrengend sein. Wenn ich mal meine Ruhe brauche, bleibe ich einfach daheim.

Auch in den Medien machen Sie sich rar. Bewusst?
Es kommt immer drauf an, wie aufwändig etwas ist. Ich musste lernen, Nein zu sagen. Vieles wird mir aber von meinem Umfeld abgenommen, damit ich mich auf die Rennen konzentrieren kann.

Publizität bedeutet aber auch eine Plattform: Für Sie, aber auch für Sponsoren. Verzichten Sie auf Geld?
Geld ist für mich zweitrangig. Das Wichtigste ist für mich, Ski zu fahren – und das möglichst gut. Alles andere kommt von alleine. Ich bin jedenfalls sehr happy.

Was sagen Ihnen die Zahlen 48, 37 und 37?
Keine Ahnung.

Es sind Ihre Rangierungen im Riesenslalom in den ersten Läufen. Diese Disziplin fahren Sie erstmals regelmässig. Lohnt sich das?
Mein Fokus liegt auf dem Speed, doch die Technik des Riesenslaloms hilft mir auch in Super-G und Abfahrt.

Noch mehr Freude würde der Riesenslalom machen, wenn Sie auch punkten würden.
Definitiv. Aber ich bin auch noch nicht so gefahren wie im Training. Schaffe ich das, ist viel möglich.

Persönlich

Lange kämpft Corinne Suter (25) gegen zwei Vorurteile. Das erste: Sie sei ein ewiges Talent. Das zweite: Sie sei eine Trainingsweltmeisterin. Beides widerlegt sie in der letzten Saison. «Ich habe mir lange zu viel Druck gemacht», sagt Pferdeliebhaberin. Silber und Bronze bei der WM in Are (Sd) ändern vieles, Suter fährt seither wie befreit. Zuletzt in Altenmarkt-Zauchensee (Ö) gewinnt sie ihr erstes Weltcuprennen und beendet eine Durststrecke (60 Rennen ohne Sieg) bei den Ski-Frauen. «Dieser Sieg gehört meiner Familie», sagt die Speed-Spezialistin aus Schwyz. Mutter Silvia und Freund Angelo erleben die Sternstunde vor Ort.

Lange kämpft Corinne Suter (25) gegen zwei Vorurteile. Das erste: Sie sei ein ewiges Talent. Das zweite: Sie sei eine Trainingsweltmeisterin. Beides widerlegt sie in der letzten Saison. «Ich habe mir lange zu viel Druck gemacht», sagt Pferdeliebhaberin. Silber und Bronze bei der WM in Are (Sd) ändern vieles, Suter fährt seither wie befreit. Zuletzt in Altenmarkt-Zauchensee (Ö) gewinnt sie ihr erstes Weltcuprennen und beendet eine Durststrecke (60 Rennen ohne Sieg) bei den Ski-Frauen. «Dieser Sieg gehört meiner Familie», sagt die Speed-Spezialistin aus Schwyz. Mutter Silvia und Freund Angelo erleben die Sternstunde vor Ort.

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