Die Tage vergehen, doch die Trauer bleibt. Der Tod von David Poisson (†35) erschüttert die Ski-Welt. Und wirft Fragen auf. Waren die Sicherheitsvorkehrungen beim Training in Nakiska (Ka) ungenügend? Hatte der Franzose bei seinem Sturz einfach Pech? Wie konnte es sein, dass er zwei B-Netze durchschlug und frontal mit einem Baum kollidierte? Letzteres entspricht den Schilderungen eines Ski-Insiders gegenüber BLICK.
Vorerst heisst es allerdings: abwarten. Untersuchungen werden ans Licht bringen, warum Poissons Frau Anna nun Witwe ist und der 18 Monate alte Sohn Léo ohne Vater aufwachsen muss.
Etwas kann man sich aber bereits jetzt fragen: Wie gehen eigentlich Eltern von Skirennfahrern mit solchen Meldungen um?
Georg Küng, Vater des Abfahrts-Weltmeisters von 2015: «Es ist brutal. Es wird einem wieder bewusst, was alles passieren kann.» Man merkt: Dem Vater von Patrick Küng (33) geht Poissons Tod nah. «Es könnte auch Patrick sein», ist er sich bewusst. Nicht nur, aber auch, weil sein Sohn kurz nach den Franzosen auf der gleichen Strecke trainiert hätte.
«Mit Verletzungen muss man immer rechnen»
Den anderen Vätern der Schweizer Abfahrts-Cracks geht es ähnlich. Beat Gisin, Vater von Marc (29) und Michelle (23) und der zurückgetretenen Sotschi-Olympiasiegerin Dominique (32), meint: «Sicher habe ich Angst, wenn ich meinen Kindern zuschaue.» Trotzdem – oder gerade deshalb – ist Papa Gisin bei Rennen seiner «Kinder» am liebsten vor Ort dabei.
Gleiches gilt für Hans Feuz, Vater von Weltmeister Beat Feuz. Er sagt: «Ich will wissen, was passiert.» Sogar dann vergesse man ob des Trubels allerdings oft, wie gefährlich der Skirennsport ist. «Mit Verletzungen muss man immer rechnen. Aber mit Todesfällen? Nein, das ist nochmals eine ganz andere Geschichte.» Auch er selbst erlebte schon oft bange Momente. Zuletzt im Januar, als Beat von der berühmt-berüchtigten Streif in Kitzbühel abgeworfen wurde. «Mir gingen viele Dinge durch den Kopf. Umso grösser war die Erleichterung, als er wieder aufgestanden ist.»
Küngs Erinnerungen an das Drama um seinen Kumpel
Am gleichen Tag stand auch Georg Küng im Zielraum des Hahnenkamm-Rennens. Zum ersten Mal überhaupt, notabene. Er erinnert sich: «Als ich die Strecke sah, musste ich schon sagen: Wenn hier jemand Vollgas gibt, ist er wohl nicht ganz dicht!» Trotzdem ist auch er gerne hautnah dabei. Im Gegensatz zu Ehefrau Heidi. «Sie schaut gar nie zu. Auch nicht im Fernsehen.» Kein Wunder. Schon früh wurde ihr auf grausame Art bewusst, wie gefährlich der Beruf ihres Sohnes ist. Am 10. Dezember 2002 verstarb dessen Glarner Kumpel Werner Elmer (†19) bei einer Fis-Abfahrt in Verbier VS bei einem Crash mit einem Pistenarbeiter. Patrick, erst 18 Jahre alt, erlebte im Starthaus alles hautnah mit.
Wie damals bei der Elmer-Tragödie sei Patrick nach dem Tod von Poisson unendlich traurig, erzählt Georg Küng. «Er meinte via SMS aber, dass es dumme Umstände gewesen seien. Das ist im Vergleich zum Fall vor 15 Jahren womöglich anders. Ich denke, Patrick kann es darum dieses Mal besser verarbeiten.»
Und Beat Feuz? Vater Hans: «Er ist geschockt. Das geht nicht spurlos an ihm vorbei. Und das ist auch gut so.»