Lara Gut-Behrami reckt den rechten Arm in die Höhe. Dann schreit sie vor Freude. Und ballt sie gleich mehrmals die Fäuste. Wann haben wir sie letztmals so jubeln sehen? Sie zeigt nach ihrer Zieldurchfahrt in Soldeu ihre Freude in einer zuletzt selten gesehenen Offenheit.
Logisch, wird manch einer sagen – schliesslich hat Gut-Behrami soeben ihren 37. Weltcupsieg und ihre vierte Disziplinen-Kristallkugel gewonnen. Stimmt. Und sagt der Jubel noch viel mehr aus. Er verrät, was hinter dem unsichtbaren Schutzschild steckt, das sie sich im Laufe der Jahre aufgebaut hat: die Mentalität eines Champions.
Gut-Behrami liebt das Skifahren. Das tun alle auf diesem Niveau. Es ist die Voraussetzung, um sich während Jahren im Sommertraining zu quälen, nach Verletzungen nicht aufzugeben und nach Niederlagen den Bettel nicht hinzuschmeissen. Gleichzeitig definieren sich Athleten ihres Kalibers durch den Erfolg. Sie gibt dies zwar nicht zu und spricht meist lieber vom Prozess, der Freude und dem Gefühl auf den Ski. Letztlich sind ihre Antriebsfeder aber die Gier nach Siegen und der Wille, die Beste von allen zu sein. Die Plätze 2 und 3 sind schön, aber nicht gut genug.
Gut-Behrami will noch bis 2025 weitermachen. Unvorstellbar, dass sie die letzten zwei Jahre ihrer Karriere locker angehen wird. Das könnte sie zwar, schliesslich hat sie längst alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Doch so tickt sie nicht. Der Wille, der Ehrgeiz und das Streben nach Perfektion sind Teil ihrer DNA. Ohne sie wäre Gut-Behrami nie so weit gekommen.