Für Urs Kryenbühl steht in diesem Winter viel auf dem Spiel. Nach seiner Zwangspause in Folge seines brutalen Abflugs beim Zielsprung der Hahnenkamm-Abfahrt im Januar muss der 27-Jährige nämlich so schnell wie möglich punkten. Ansonsten verliert er seine günstige Position in der Weltcup-Startliste.
Körperlich spricht nichts gegen ein starkes Comeback des Unteribergers. Obwohl er sich bezüglich dem in Kitzbühel erlittenen Kreuzbandriss gegen eine Operation und für eine konservative Behandlung entschieden hat, verblüffte «Ürsel» seine Trainer mit konstant guten Leistungen in den Gletschertrainings. Trotzdem wird der Speed-Spezialist Ende November bei der Abfahrt und dem Super-G in Lake Louise nicht am Start stehen. Denn der Mann, der im letzten Winter in Val-d’Isère und in Bormio jeweils Dritter wurde, hat sich bis jetzt nicht gegen Corona impfen lassen. Somit erhält er für Kanada auch keine Einreisegenehmigung. «Ich habe mich aus gesundheitlichen und persönlichen Gründen gegen die Impfung entschieden» erklärt der Abfahrt-Spezialist.
«Mein Rennfahrer-Herz blutet»
Kryenbühl, der vor ein paar Monaten an Corona erkrankt ist und daher Antikörper in sich trägt, wird emotional. «Mein Rennfahrer-Herz blutet! Und ich finde es extrem schade, dass ich beim Speed-Auftakt in Kanada nicht dabei sein kann, obwohl ich seit einigen Monaten von Corona genesen bin. Für mich ist es deshalb nicht nachvollziehbar, dass ich bei gewissen Rennen nicht an den Start gehen darf.»
Die Falten in der Stirn des Schwyzers werden immer grösser. «Natürlich mache ich mir Gedanken über den weiteren Verlauf meiner Karriere. Ich habe grossen Respekt und mache mir auch gewisse Sorgen, wenn ich in die Zukunft schaue.»
Auch Weber war an Corona erkrankt
Ähnliche Sorgen plagen auch den ehemaligen Super-G-Junioren-Weltmeister Ralph Weber (28). Der amtierende Schweizer-Meister in der Abfahrt wird ebenfalls in Lake Louise nicht starten können, weil er die beiden Anti-Covid-Stiche bis anhin abgelehnt hat.
Der St. Galler ist überzeugt, dass er auf natürliche Weise einen besseren Schutz aufgebaut habe als durch eine mögliche Impfung: «Vor einigen Wochen wurde ich nicht nur per PCR-Test positiv getestet, ich habe auch eine Corona-Infektion mit den Symptomen Fieber, Müdigkeit, sowie Geruchs- und Geschmacksverlust durchgemacht. Mein Körper hatte die Chance, die Antikörper selbst zu bilden, gegen das Virus anzukämpfen und hat dann die Krankheit nach wenigen Tagen überstanden.» Der Vater von zwei Töchtern betont, dass er «eine Woche nach der Erkrankung bereits wieder Trainings absolvierte, in denen ich kaum Einschränkungen spürte».
Impfung für Olympia?
Doch was entgegnet Weber den Leuten, die ihn aufgrund dieser Haltung als schlechtes Vorbild bezeichnen? «Auch ich möchte ein Vorbild sein, und wie! Ein Vorbild zu sein heisst für mich aber nicht, dass ich Dinge mache, hinter denen ich nicht stehen kann und die für mich persönlich nicht logisch sind. Und solche ganz persönlichen Entscheidungen sollen jedem zugestanden werden, ohne ihn zu verurteilen.»
Aber was werden die ungeimpften Swiss Ski-Hoffnungen im Hinblick auf den Saisonhöhepunkt im Februar tun? So wie es derzeit aussieht, werden nämlich auch bei den Olympischen Spielen in Peking nur Athleten teilnehmen dürfen, die zwei Pikse gegen Corona erhalten haben! Kryenbühl und Weber lassen sich deshalb aber nicht aus der Ruhe bringen: «Bis zu den Spielen in Peking vergeht ja noch einige Zeit. Und vielleicht kommt ja bis dahin ein Impfstoff auf den Markt, zu dem auch wir ja sagen können.»