Fanny Smith brauchte ein bisschen Zeit, bis sie sich äusserte. Sie war wütend und fühlte sich ungerecht behandelt. Dass ihr im Skicross nach dem Rennen die Bronzemedaille von der Jury abgesprochen wurde, diese Story sorgte für grosse Wellen. Denn es war nicht offensichtlich, was Fanny Smith falsch gemacht hatte, warum man sie disqualifizierte.
Smith reiste ohne Medaille aus Peking ab und überlegte, wie es weitergehen soll für sie. «Es war diese Welle der Solidarität, die vor allem aus der Schweiz, aber auch aus der ganzen Welt kam, die mich weitermachen liess», sagt sie nun, nach dem Happy End, nachdem ihr die Medaille nach dem Rekurs wieder zugesprochen wurde. «Ich bin immer noch gerührt, wenn ich darüber spreche. Ich kann den Menschen gar nicht genug dafür danken.»
«Es war eine Erleichterung»
Sie sagt diese Worte in einer Medienrunde in einem Café am See in Lausanne, der Stadt, in der sie die meiste Zeit trainiert. Sie erzählt, wie es nach ihrer Rückkehr in die Schweiz weitergegangen ist. «Ich bin ich nach Sardinien weitergereist. Dort habe ich mich im Haus eines Freundes isoliert. Ich konnte es einfach nicht glauben. Am 24. Februar erfuhr ich dann, dass unsere Beschwerde angenommen wurde und ich diese Medaille wieder gewonnen hatte. Das war eine Erleichterung.»
Gedanke an ihre deutsche Rivalin
Ein juristischer Sieg, der ihr jedoch nicht die emotionalen Momente zurückgeben konnte, die sie in Peking hätte erleben können. «Man hat mir dort nicht nur die Medaille gestohlen, sondern auch alle Emotionen, die damit verbunden sind. Während der Siegerehrung als alle feierten, befand ich mich in einem Albtraum. Diese verpassten Gefühle wird mir niemand zurückgeben können.»
Natürlich denkt sie auch an ihre deutsche Rivalin Daniela Maier, welche sich für ein paar Wochen als Bronze-Gewinnerin fühlen konnte. Von Anfang an war diese Freude aber mit einem Makel behaftet. Maier gab gleich nach dem Rennen zu Protokoll, dass Fanny Smith nichts illegales gemacht habe. Sie wollte diesen dritten Platz zuerst gar nicht erben.
Nun sieht die Situation aber anders aus. Das deutsche Team hat nun seinerseits Einspruch eingelegt, weil Meier die Medaille wieder weggenommen, der Rekurs der Schweiz gutgeheissen wurde. «Es ist traurig für die Athletinnen, aber auch für unseren Sport», sagt Smith. «Daniela hat nichts verlangt, niemand hat etwas verlangt. Wir schreiben uns, aber es ist schwierig. Wir können besser darüber reden, wenn wir uns wiedersehen.»
Bereits am Wochenende zurück
Der Fall ist also noch nicht abgeschlossen und Smith weiss noch nicht, wann sie die Bronzemedaille erhalten wird. Möglich auch, dass beide Athletinnen eine Medaille bekommen. «Das wäre sportlich gesehen unter den gegebenen Umständen eine gute Sache», findet Fanny.
Ab Freitag wird die Schweizerin an den nächsten Weltcup-Rennen auf der Reiteralm (Ö) teilnehmen. «Ich bleibe im Herzen eine grosse Kämpferin. Ich will meinen zweiten Platz in der Weltcup-Gesamtwertung nicht hergeben. Ich werde dieses Rennen als Training nehmen, weil ich noch nicht weiss, wie mein Knie reagieren wird.» Es ist ein Rennen, auf das sie sehnsüchtig wartet.
Saisonfinale in Veysonnaz
Am 19. März findet dann im Walliser Skiort Veysonnaz das Saisonfinale statt. Ein Rennen, bei dem Smith in den letzten Jahren die grosse Kristallkugel vor ihren Fans in Empfang nehmen durfte. In diesem Jahr wird sie dort den Schlusspunkt hinter eine aufwühlende Saison setzen. Aber nicht hinter ihre Karriere. Fanny Smith, die im Mai ihren 30. Geburtstag feiert, will bis zu den Olympischen Spielen in Mailand/Cortina 2026 weitermachen. «Ja, das geht mir bereits durch den Kopf», sagt sie. Dort will sie den einzigen Titel gewinnen, der in ihrer sagenhaften Karriere noch fehlt: den Sieg bei Olympia.