Wochenlang versucht Michelle Gisin (26) alles, um in die Erfolgsspur zurückzukehren. Ohne Erfolg. «Alles lief gegen mich», sagt sie. Am Abend vor dem Slalom von Lienz (Ö) greift Gisin dann zu einer ungewöhnlichen Massnahme. Die Kombi-Olympiasiegerin gönnt sich einen kräftigen Schluck Eierlikör. «Ich glaube, ich muss das künftig vor jedem Slalom machen. Es hat geholfen», sagt sie. Tatsächlich: Gisin rast wenige Stunden später auf Rang 3 – ihr erster Slalom-Podestplatz nach 54 Versuchen. Tränen des Glücks laufen ihr über die Wangen.
Den Eierlikör war ein Geschenk ihrer Teamkollegin Andrea Ellenberger an Gisins Servicemann Christian Gamper. «Ich muss Andrea fragen, ob sie eine Massenproduktion starten kann. Nicht, dass ich wieder 55 Slaloms für den nächsten Podestplatz brauche», so Gisin mit einem Augenzwinkern.
Man merkt: Der Engelbergerin fällt ein grosser Stein vom Herzen. Und das genau vor Beginn des neuen Jahres – ein perfekter Zeitpunkt. Vor dem nächsten Ernstkampf am Samstag in Zagreb (Kro) – erneut steht ein Slalom an – reist sie nun nach Hause. Gisin gibt zu, die Mini-Pause nötig zu haben. «Ich hatte mir schon überlegt, auf welche Rennen ich verzichten will. Ich kam auf keine – alle Disziplinen gefallen mir so gut», so die Allrounderin. Die Müdigkeit bleibt trotzdem Tatsache, oder? «Ja, ich bin erschöpft. Umso mehr freue ich mich jetzt auf zwei Tage Nichtstun», sagt sie.
Besonders schön ist, dass Gisin mit ihrem Freund Luca de Aliprandini (It) entspannen kann. Nur ganz selten gibt es diese Möglichkeit im Winter. Der Riesenslalom-Spezialist hat seinen eigenen Kalender, ist stets mit der Squadra Azzurra unterwegs. Gisin: «Ich habe Luca seit fast sechs Wochen nicht mehr gesehen. Es war hart, Weihnachten ohne ihn zu verbringen.» Und wie sieht der Plan des Liebespaars für Silvester aus? Gisin strahlt und meint: «Ich freue mich auf Luca, die Couch und einen guten Film!»