«Ich dachte, ich drehe durch»
Olympia-Heldin Höfflin im Frankreich-Lockdown eingesperrt

Weil sie im strikten französischen Lockdown eingesperrt war, wagte sich Sarah Höfflin auf den Hometrainer. Und knackte dort einen Tour-de-France-Klassiker.
Publiziert: 01.06.2020 um 11:01 Uhr
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Aktualisiert: 13.11.2020 um 09:13 Uhr
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Freestylerin Höfflin durfte lange nicht auf dem Schnee ran.
Foto: Getty Images
Emanuel Gisi

Sarah Höfflin (29) ist erledigt. «Das ganze Team ist erschöpft», meldet die Slopestyle-Olympiasiegerin am Telefon. Nach dem verfrühten Saisonende wegen der Coronapandemie ist es eine ganze Weile her, seit die Schweizer Freeskier auf dem Schnee waren. Bis es vor zwei Wochen auf dem Plaine-Morte-Gletscher über Crans-Montana wieder losging. «Ich war es mir gar nicht mehr gewöhnt, so loszulegen und zu trainieren, der Körper muss erst wieder in diesen Modus kommen.»

Nicht, dass die Schweizerin mit britischen Wurzeln in den letzten Monaten untätig gewesen wäre. Aber da sie in Chamonix (F) lebt, hatte Höfflin mit strikteren Lockdown-Massnahmen zu kämpfen als die Teamkollegen, welche den Frühling in der Schweiz verbrachten.

In Frankreich durfte niemand länger als eine Stunde aus dem Haus und sich dabei weiter als einen Kilometer vom Wohnort entfernen. Obwohl sie sich in den französischen Alpen befand, ging es für Höfflin auch nicht hoch und runter – mehr als hundert Höhenmeter waren ebenfalls nicht drin. «Es war sehr strikt, wir sassen praktisch am Talboden fest», erzählt sie über die acht Wochen Lockdown. «Am Anfang dachte ich, ich drehe durch, weil ich mich so langweilen würde.»

Im Gegensatz dazu die Teamkollegen in der Schweiz. Die machten wie etwa Big-Air-Weltmeister Fabian Bösch bei sich zuhause in Engelberg die Mountainbike-Trails unsicher. Oder begannen so ambitioniert zu laufen, dass sie wie Slopestyle-Weltcupsieger Andri Ragettli am Auffahrtswochenende einen 100-Kilometer-Lauf absolvierten.

Aber entdeckte Höfflin das Rad. Genauer: den Hometrainer. «Man muss in solchen Zeiten ja ein bisschen kreativ sein», sagt sie. So begann sie mit «Zwift», einem Rad-Trainingsprogramm mit virtuellen Strecken, das auch Profis nutzen, erstmals richtig zu trainieren. «Ich habe mich da reingesteigert, habe richtig viel Ausdauer trainiert und wollte auch nicht 20 Minuten fahren und mich dann langweilen.»

Sich nicht langweilen, das heisst für Höfflin: Die «Alpe de Zwift» mit 21 Serpentinen und über 1000 Höhenmetern, eine Persiflage auf die legendäre Alpe d'Huez, zu meistern. Ist die Olympiasiegerin im Lockdown also zum veritablen Rad-Bergfloh geworden? «Ich bilde mir nicht ein, jetzt die Alpe d'Huez bezwungen zu haben», sagt sie dazu. «Draussen ist Radfahren immer noch etwas anderes.»

Draussen und an der echten Höhenluft war sie in den zwei Wochen auf dem Walliser Gletscher endlich wieder, allerdings auf den Ski statt auf dem Rad. «Diese ersten Wochen sind wichtig, um wieder reinzukommen, um wieder ein Gefühl zu kriegen», sagt sie. «Neue Tricks lernen wir später.» Bis die Saison losgeht, dauert es noch ein wenig. Als nächstes stünde das Sommertraining in Saas-Fee auf dem Programm. «Wenn alles gut geht. In diesen Zeiten kann man ja schlecht planen.» Und sonst steht für alle Fälle in Chamonix ja jetzt ein Hometrainer parat.

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