Ian Gut, wie ist es, Bruder der Gesamtweltcup-Siegerin zu sein?
Ich bin natürlich stolz auf Lara. Und super happy. Aber es ist für mich nicht gerade so, als ob ich selber die grosse Kugel gewonnen hätte (lacht). Mein Leben verändert sich dadurch nicht.
Jetzt hat Ihre Schwester die grosse Kugel endlich in ihrem Besitz. Ist das für Lara eine Befreiung?
Lara konnte es bis zur Kugel-Übergabe wirklich nicht so recht wahrhaben. Sie wollte sich auch auf diesen letzten Riesenslalom in St. Moritz voll konzentrieren. Sie braucht sicher Zeit, um zu realisieren, welch grossen Erfolg sie errungen hat.
Sie sind selber Ski-Profi und folgen Laras Weg. Welche Tipps gibt Ihnen die Schwester?
Sie weiss, dass sie in jüngeren Jahren Fehler gemacht hat. Sie will nun, dass ich diese Fehler nicht auch begehe. Lara hat mir zum Beispiel gesagt, dass ich mir nach den Rennen Zeit nehmen soll, falls ich zu einem Interview muss. Dass es nicht gut ist, wenn man voller Emotionen zu den Medien geht. Man solle lieber zuerst runterfahren. Ich versuche, das anzunehmen.
Was unterscheidet euch Geschwister?
Ich mache die Dinge eher nach Gefühl. Lara ist sicher im Kopf brutal stark. Durch dieses Mentale kann sie sich im Sport stetig extrem verbessern.
Sie haben kürzlich erstmals an einer Junioren-WM teilgenommen. Das Bestresultat war Rang 26 und im Riesenslalom haben Sie sich eine Fussverletzung geholt. Wie frustrierend war das?
Bis zum Out im Riesenslalom war es eine sehr positive Erfahrung. Ich konnte das machen, was ich am liebsten tue, und mit vielen Freunden einen tollen Anlass erleben. Für meine Zukunft sind die Erfahrungen wichtig. Und zum Glück zeigten dann die medizinischen Untersuchungen, dass die Verletzung nicht schlimm ist. Die ersten zwei Tage konnte ich kaum mehr laufen, aber die Pause dauerte am Ende nur zwei Wochen. Deshalb kann ich in dieser Woche problemlos an den Schweizer Meisterschaften teilnehmen.
Während Sie an die Schweizer Meisterschaften gehen, verreist Lara in die Ferien. Kein Problem für Sie?
Das passt schon. Die nächsten Ski-Wochen sind noch sehr wichtig für meine Entwicklung. In die Ferien kann ich später auch noch.
Wer bestimmte jeweils, wo es lang geht, wenn Sie mit Lara in den Ferien waren?
Ganz klar sie! Sie war der Chef und machte den Plan. Und ich folgte ihr (lacht).
Was ist, wenn Sie es nicht wie Lara an die Weltspitze schaffen?
Darüber mache ich mir erst Gedanken, wenn klar ist, dass ich keine mehr Chance habe. Ich konzentriere mich jetzt darauf, in den Weltcup zu kommen. Ich hätte einen Abschluss vom Sportgymnasium Davos im Sack.
Lara geht öfter den eigenen Weg, Sie sind stärker bei Swiss-Ski integriert. Brauchen Sie den Team-Spirit mehr?
Ich habe es immer schon genossen, mit Freunden Sport zu treiben. Ich war früher im Fussball- und Unihockey-Klub. Damit musste ich dann halt aufhören. Weil ich mit der Ski-Karriere auch den Weg der Familie ging. Ich bin froh, dass ich auch beim Ski gute Teamkollegen gefunden habe.
Man sagt, Lara sei die Arbeiterin, Sie seien der Künstler. Stimmt diese Einschätzung?
Da ist wohl etwas dran. Ich habe früher nicht nur Alpin-Ski gemacht, sondern auch Freestyle-Ski. Dafür muss man ein Künstler und ein Bewegungstalent sein. Das Springen durch die Luft hat mich schon immer fasziniert. Auch beim Skateboarden. Und im Sommer will ich Downhill-Mountainbiken. Tempo und Action gefallen mir.
Trotzdem sind Sie auf den Skipisten in den technischen Disziplinen zuhause.
Ich bin halt klein und leicht (lacht).
Es heisst, Sie könnten gut Witze erzählen. Haben Sie gerade einen auf Lager?
Ich mache die Witze mehr spontan, aus der Situation heraus. Im Moment fällt mir gerade keiner ein. Und sowieso: Meine Witze sind auf Italienisch besser verständlich als auf Deutsch.