Acht Jahre lang verfolgte Joana Hählen (28) ihren Podest-Traum im Weltcup. Vergeblich. Und nun dies: Innerhalb von gut einer Woche fährt sie zweimal auf Platz 3 – in der Abfahrt von Bansko (Bul) und im Super-G von Rosa Khutor (Russ). Sie schwebt auf Wolke sieben.
«Ich habe keine Angst mehr»
Besonders dabei: Hählen fährt seit einem Sturz im Mai 2018 mit gerissenem Kreuzband im linken Knie. «Ich habe keine Angst mehr, fühle mich gut. Mittlerweile kann ich sogar wieder Tennis spielen», frohlockt die Berner Draufgängerin.
Doch wie ist so etwas möglich? Schliesslich folgt bei praktisch allen Athleten mit Kreuzbandrissen kurz darauf eine Operation. Hählen dagegen wählte (wie einst Carlo Janka) eine konservative Behandlung, legte sich nicht unters Messer.
Glück im Unglück
Knie-Spezialist Niklaus Friederich vom Unispital Basel erklärt: «Wenn das Knie nicht zusätzlich beschädigt ist, ist das eine valable Variante.» Tatsächlich hatte Hählen bei ihrem Sturz Glück im Unglück: Der Meniskus blieb unverletzt. Und sie riss sich das vordere und nicht das heiklere, hintere Kreuzband.
«Mit gerissenem Kreuzband zu fahren, ist nicht gefährlicher als mit ganzem Kreuzband», sagt Friederich. Voraussetzung sei eine gute Muskulatur, ergänzt der Vertrauensarzt von Sloweniens Abfahrts-Weltmeisterin Ilka Stuhec. Genau das ist bei Hählen der Fall, sie zählt zu den Kräftigsten im Ski-Zirkus. «Ich plane auch nicht, nach der Karriere das Kreuzband zu flicken», blickt sie voraus.