So soll der Ski-Winter gerettet werden
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FIS bearbeitet schon Szenarien:So soll der Ski-Winter gerettet werden

FIS arbeitet bereits an Notfall-Szenarien
So soll der Ski-Winter gerettet werden

Corona wird auch im Winter noch da sein. Was heisst das für den Ski-Weltcup? «Ich glaube nicht, dass wir Rennen sehen werden», sagt Ex-Ski-Ass Marco Büchel.
Publiziert: 08.05.2020 um 17:33 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2020 um 18:55 Uhr
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Marco Büchel glaubt nicht an eine «normale» Ski-Saison 2020/2021.
Foto: Sven Thomann
Mathias Germann

In gut fünf Monaten beginnt die neue Ski-Weltcup-Saison. Genauer: Am 25. Oktober. Dann erfolgt mit dem Riesenslalom der Männer auf dem Rettenbachgletscher oberhalb von Sölden (Ö) der Startschuss in den neuen Winter. So zumindest der Plan. Die Kugel könnte aber auch im Lauf des Revolvers stecken bleiben. Der Grund? Die Auswirkungen der Corona-Krise.

Zwei Hauptprobleme zeichnen sich ab. Erstens: die Reisebeschränkungen. Es ist denkbar, dass gewisse Regierungen die An- oder Ausreise für Athleten, Service-Leute, Betreuer und Medien auch noch im Winter verbieten. Zweitens: die Finanzierung der Events. Gleich mehrere Weltcup-Veranstalter hatten zuletzt grosse Geldsorgen – so wie Adelboden BE. Was ist, wenn nun nicht einmal mehr Zuschauer zugelassen werden?

Für Ex-Ski-Ass Marco Büchel ist klar: «So wie sich die Situation jetzt präsentiert, glaube ich nicht an einen Weltcup-Winter 2020/21.» FIS-Generalsekretärin Sarah Lewis sieht die Lage anders. «Wir sind sehr optimistisch und positiv, dass der Weltcup und die WM in Cortina stattfinden werden. Wir arbeiten an Lösungen um allfällige Massnahmen umzusetzen», sagt sie zu BLICK.

Die FIS bereitet sich auf Notfälle vor

Wie könnten diese Lösungen aussehen? Unter den Präsidenten der Landesverbänden laufen die Telefone bereits heiss. Vom 18. Bis 21. Mai finden technische Komitee-Sitzungen statt, dann wird auch offiziell gemeinsam diskutiert. Und am 25. Mai bespricht der FIS-Council die Vorschläge. «Höchstwahrscheinlich werden zu dann noch keine konkreten Massnahmen festgelegt und auch noch keine Kalender-Variante abgesegnet», sagt Lewis. Die FIS hält sich also bedeckt. Doch es gibt mehrere Corona-Notfall-Szenarien.

Nur noch ein Mini-Weltcup – Von Sölden (Ö) nach Beaver Creek (USA), von Are (Swe) nach Yanqing (China). 82 Rennen in 15 Ländern. So sieht der Plan für den kommende Winter aus. Das wird kaum klappen. Eine mögliche Lösung: Nur noch fünf oder sechs Weltcup-Veranstaltungen am gleichen Ort. Dort würden gleich mehrere Rennen durchgeführt – idealerweise in mehreren Disziplinen. «Eine gute Idee. Dann hätte man längere Pausen zwischen den Events und die ganze Organisation würde vereinfacht», findet Büchel.

Männer und Frauen zusammen – Anstatt den doppelten Aufwand zu betreiben (mit möglichen Einschränkungen), könnte man beide Geschlechter zusammenbringen – also wie bei einem Weltcupfinal. Männer und Frauen würden auf den gleichen Pisten – oder zumindest im gleichen Skigebiet – fahren. Die Bedingung: Die Strecken müssten auch für die weiblichen Ski-Asse zu bewältigen sein.

Geisterrennen – Wie viele Zuschauer dürfen sich künftig auf engem Raum versammeln? Gut möglich, dass die Behörden auch im Winter unterschiedliche Vorgaben machen. Fakt ist: Aktuell scheinen die vollen Tribünen am Chuenisbärgli wie Bilder aus einer anderen, längst vergangenen Zeit. Und man kann sich kaum vorstellen, dass Kitzbühel 2021 wieder 100'000 Zuschauer anlocken wird – alleine die Koordination der Anreise wäre eine Herkules-Aufgabe. Dazu kommt die finanzielle Problematik. Lewis: «Es könnte sein, dass gewisse Organisatoren nicht mehr in der Lage oder nicht mehr bereit sind, das Ausrichten von Veranstaltungen zu riskieren.» Anderseits bräuchte es dann weder Polizei, Stahl Tribünen oder Party-Zelte. Heisst: Ein Rennen wäre billiger. Ein Swiss-Ski-Insider sagt zu BLICK: «Überspitzt gesagt braucht es für ein Skirennen Sicherheitsnetze, Kameras und Sponsoren-Banden. Mehr nicht.»

Tests und Quarantänen – Corona wird nicht bis zum Winter verschwinden. Das ist jedem klar. Um die infizierten Athleten auszumachen, könnte jeder Veranstalter eine medizinische Bescheinigung verlangen. Oder gleich vor Ort testen. Eine andere Variante ist, die Athleten eine Woche vor den Wettkämpfen – für eine Art Quarantäne – frühzeitig anreisen zu lassen. Sie könnten vor den Rennen vor Ort trainieren.

Das sind vorerst Ideen. Fakt ist, dass das Thema Geisterrennen bereits heiss diskutiert wird. «Man müsste dann wohl das ganze Skigebiet für das Publikum schliessen», wendet Ski-Legende Karl Frehsner ein. Was er meint, ist klar: Es könnten sich Ansammlungen entlang der Strecke bilden. Oder Staus an den Sesselliften, wenn zum Beispiel nur jeder zweite Sitz freigegeben wird. Unter dem Aspekt von Social Distancing wäre das verheerend.

Für HEAD-Rennchef Rainer Salzgeber gilt ganz grundsätzlich: «Wir müssen schauen, dass der Tourismus in die Gänge kommt. Sonst wird es schwierig, Weltcup-Rennen zu verkaufen. Schliesslich sollen Wettkämpfe die Leute animieren, um selbst dorthin zu reisen.»

Ersatz-Rennserie nur mit Europäern?

Bleibt die Frage, ob alle Athleten überhaupt frei reisen können. Kaum auszudenken, wenn Ski-Star Mikaela Shiffrin (USA) auch im Winter nicht nach Europa reisen dürfte. Der Grundgedanke des Weltcups ginge flöten. Frehsner: «Als Ersatz könnte man in Europa eine Rennserie unter den OPA-Länder veranstalten.» Er meint damit die Organisation der Alpenländer-Skiverbände – zu ihnen gehören die wichtigsten Schneesport-Nationen Mitteleuropas. «Dann macht Shiffrin leider nicht mit. Aber die TV-Stationen würden auch das übertragen – da bin ich mir sicher. Und es wäre viel besser als gar keine Skirennen.»

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