Corona hat auch Abfahrts-Altmeister Daniel Mahrer ordentlich durchgeschüttelt. Gesundheitlich geht es dem 60-jährigen Bündner zwar blendend. Dafür leidet seine Event- und Sport AG unter der Pandemie. Am Hungertuch nagt er zwar nicht. «Aber natürlich habe ich durch Corona viele Aufträge verloren. Und deshalb habe ich mich relativ früh gefragt, was ich nun den lieben langen Tag tun soll. Ich habe mich daher auf die Suche nach einer von den Corona-Fallzahlen unabhängigen Tätigkeit gemacht.»
Auf einem oberhalb von Parpan gelegenen Bergbauernhof hat Mahrer bei Viehzüchter Martin Kurath seine Pandemie-Berufung gefunden. «Ich habe Martin bei einer Käsedegustation näher kennengelernt. Bei dieser Gelegenheit hat er mir erzählt, dass er unter der Woche sehr gut eine zusätzliche Arbeitskraft gebrauchen könnte. Kurz darauf habe ich angefangen.»
Seitdem wird der Bronzemedaillengewinner der WM-Abfahrt 1991 auf Kuraths Betrieb als Allzweckwaffe eingesetzt. «Ich mache wirklich alles, ausser Melken – das macht die Maschine.» Kurath nickt: «Dani macht seine Arbeit wirklich sehr gut. Ich musste ihn lediglich darauf aufmerksam machen, dass er mit dem beladenen Viehtransporter nicht ganz so schnell fahren darf, wie mit dem leeren Anhänger.»
Bier-Pause auf dem Albula
Kompromisslos Vollgas gibt Mahrer bei der Gras- und Heuernte: «Diese Arbeit kommt für mich einem richtig guten Konditionstraining gleich. Nach einem Heu-Tag muss ich nicht mehr irgendwelche Übungen im Fitness-Zentrum machen.»
Heute erfrischt sich Mahrer während der Arbeit mit Mineralwasser, früher war das schon mal anders. Da genehmigte sich der Sohn eines Braumeisters im Ausdauertraining gelegentlich mal eine Flasche Bier. «Legendär war in meiner B-Kader-Zeit eine Rad-Tour von Bad Ragaz nach St. Moritz», erinnert sich der achtfache Weltcupsieger. «Weil ich davor und unterwegs zu wenig gegessen hatte, waren die letzten fünf Kilometer zum Albula hinauf die Hölle und ich musste mich von einem Auto auf die Passhöhe ziehen lassen. In meiner Not habe ich eine grosse Flasche Bier praktisch auf Ex geleert. Ab diesem Moment war mein Tritt wieder so rund, dass ich den Sprint in St. Moritz gewonnen habe.»
«I het no viel blöder tua!»
Natürlich hat Bier auch eine wichtige Rolle gespielt, als der Vater von zwei Kindern im Januar 1989 in Kitzbühel bei der Hahnenkamm-Abfahrt triumphierte. «Nach meinem Sieg wurde im legendären Londoner-Pub gefeiert. Ich habe zusammen mit anderen Rennfahrern hinter dem Tresen mit nacktem Oberkörper Bier gezapft. Irgendwann bin ich vom obersten Tritt der Treppe mit einem Stagediver in die johlende Menge gesprungen, ehe ich um 4 Uhr mein Bett aufsuchte.»
Ausschlafen konnte Mahrer aber nicht: «Trainer Karl Frehsner erwartete von mir, dass ich für den Nationencup Punkte in der Kombination hole, deshalb musste ich am Morgen mit etwas Restalkohol im Slalom an den Start gehen. Als Achter in der Kombination habe ich meine Pflicht erfüllt.» Rückblickend hält es Mahrer mit Mundart-Rocker Gölä: «Es war eine wunderbare Zeit, aber mit dem Wissen von heute ‹het i no viel blöder tua!›»