Zehntausend Franken Preisgeld hat Sandro Simonet am vergangenen Sonntag für seinen sensationellen dritten Rang beim Slalom in Chamonix kassiert. Den einen oder anderen Tausender wird der 25-Jährige in Köstlichkeiten für seinen Maxdorf-Wolfshund Namens «Thor» investieren.
«Thor frisst enorm viel. Am liebsten natürlich ganz viel Fleisch», erzählt Simonet. Der prächtige Vierbeiner unseres neuen Slalom-Stars leistet aber auch viel. Sandro und seine Freundin lassen den drei Jahre alten Rüden zum Personen-Suchhund ausbilden: «Man gibt dem Hund einen Gegenstand, den die vermisste Person getragen oder berührt hat. Danach kann das Tier mit seinem feinen Geruchsinn die Suche aufnehmen. Im kommenden Frühling wird unser Thor die erste Prüfung bestehen müssen.»
Der 1,93 Meter lange Bündner ist aber auch bei seinen sportlichen Aktivitäten wahrhaftig auf den Hund gekommen. «Beim Joggen, beim Mountainbiken oder bei meinen Ski-Touren im Frühling – Thor begleitet mich fast immer.»
Beim SonntagsBlick- Besuch absolviert der Sohn eines Buschauffeurs mit seinem tierischen Begleiter einen Nachmittagsspaziergang durch seinen Wohnort Savognin. Dabei laufen die beiden dem Dorf-Original Meltger Poltera und dessen Dackel über den Weg. Der Rentner freut sich wie ein kleiner Bub über die zufällige Begegnung mit dem neuen «Local Hero».
«Cordialas Gratulaziuns», ruft Poltera im breitesten Rätoromanisch. Simonet, der mit dem Vater Romanisch und der Mutter Deutsch parliert, bedankt sich artig und folgt aufmerksam dem ski-historischen Exkurs seines betagten, aber rüstigen Gegenübers. «50 Jahre nach dem grossen Dumeng Giovanoli haben wir endlich wieder einen starken Slalomfahrer, der Rätoromanisch spricht», frohlockt Poltera und stellt dann die alles entscheidende Frage: «Ich hoffe doch, dass dich deine Trainer jetzt auch für den WM-Slalom nominieren, oder?»
Simonet schüttelt den Kopf: «Bis jetzt hat Swiss-Ski bezüglich der WM-Aufstellung noch keine fixe Entscheidung verkündet.» Diese will Swiss-Ski-Alpinchef Walter Reusser heute im Laufe des Vormittags in Absprache mit den Trainern und dem Präsidium treffen. Klar ist, dass Ramon Zenhäusern mit einem Sieg (Alta Badia) und den beiden zweiten Rängen in Chamonix für den WM-Slalom gesetzt ist. Loïc Meillard (dreimal in den Top 6) und Luca Aerni (dreimal Top 8) dürften ebenfalls zum Einsatz kommen.
Um den vierten Startplatz zeichnet sich ein Dreikampf zwischen Daniel Yule (zweimal Platz 7, einmal 10.), Tanguy Nef (6., 8. und 10.) und eben Simonet ab. «Für mich spricht, dass ich in unserem Slalom-Team neben Ramon Zenhäusern der Einzige bin, der einen Podestplatz vorweisen kann. Gegen mich spricht, dass Daniel und Tanguy die deutlich konstanteren Ergebnisse herausgefahren haben», analysiert Simonet.
Er weiss, dass es kein einfacher Entscheid wird: «Natürlich wäre ich enttäuscht, wenn ich beim WM-Slalom zuschauen müsste. Gleichzeitig hätte ich aber auch Verständnis für die Selektionäre, wenn sie sich für Yule oder Nef entscheiden würden. Vor allem Daniel hat in den letzten fünf Jahren regelmässig Spitzenleistungen abgeliefert. Er hat das Zeug, um Weltmeister zu werden. Aber theoretisch kann eben auch ich eine WM-Medaille gewinnen … »
Bei der letzten WM in Are hat Simonet ja sogar Gold gewonnen. Allerdings nur als Ersatzmann im Teambewerb. Vielleicht kommt der ehemalige Verteidiger des FC Rhäzüns in Cortina ja auch in der Kombination zu einer Startgelegenheit. Dass er ein ordentliches Allrounder-Potenzial besitzt, hat der Mann, der im kommenden Sommer die Bündner Jagdprüfung machen will, 2019 mit dem elften Rang in der Lauberhorn-Kombination bewiesen.
«Dummerweise habe ich im letzten Winter in der Kombi keine guten Resultate abgeliefert. Deshalb bin ich in dieser Disziplin in der Startliste weit zurückgefallen. Vielleicht werden mich die Trainer deshalb eher für den Team-Event nominieren.» Schon bald wird Simonet Klarheit haben. Swiss-Ski will die Selektionen im Männerteam heute um die Mittagszeit bekannt geben.