Foto: Sven Thomann

Drei Gründe sprechen für Luca Aerni
Kommt es zur Auferstehung des gefallenen Weltmeisters?

Nach einer langen Durststrecke präsentiert sich Luca Aerni kurz vor dem ersten Slalom in diesem WM-Winter in einer starken Verfassung. Das ist auch auf ein Equipment zurückzuführen, das älter ist als Aerni selbst.
Publiziert: 14.11.2024 um 18:56 Uhr
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Aktualisiert: 15.11.2024 um 20:30 Uhr
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Entsprechend zuversichtlich schaut der 31-Jährige dem Slalom in Levi entgegen.
Foto: Sven Thomann
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Marcel W. PerrenSki-Reporter

Vom gefeierten Golden Boy zum verschmähten Kummerbuben – diese Überschrift steht für die Entwicklung, die Luca Aerni zwischen 2017 und 2023 gemacht hat. Nach dem Gewinn der Kombi-Goldmedaille bei der Heim-WM in St. Moritz und dem zweiten Rang beim Slalom-Klassiker in Madonna di Campiglio 2017 klassierte sich der Technik-Spezialist in seiner Parade-Disziplin lediglich achtmal in den Top-10.

Die Hauptursache ist klar: Aerni wurde lange von heftigen Rückenbeschwerden eingebremst. Zudem passte die Abstimmung des Materials nicht immer optimal.

Im letzten Weltcup-Winter machte er aber einen Schritt in die richtige Richtung. Der 31-Jährige, der in Grosshöchstetten im Berner Mittelland aufgewachsen ist, fuhr in sämtlichen Weltcup-Slaloms in die Punkteränge. Die Highlights: In Adelboden verpasste Aerni als Achter einen «Stockerl»-Platz nur um vier Zehntel, in Madonna di Campiglio (Schlussrang 13) glänzte der YB-Fan mit der Bestzeit im zweiten Durchgang.

Und wenige Tage vor dem ersten Slalom in der laufenden Weltcup-Saison erhält Luca ein Sonderlob von Trainer Matteo Joris: «Ich habe Luca seit 2017 mental und körperlich nie mehr so stark erlebt, wie jetzt. In den Jahren zuvor war er im Training aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme arg limitiert, jetzt kann er endlich wieder Vollgas geben. Ich traue ihm in den kommenden Rennen entsprechend viel zu!»

Drei Gründe sprechen insbesondere dafür, dass man diesen Winter mit der ultimativen Auferstehung des WM-Helden von 2017 rechnen darf.

Das magische Dreieck

In ganz jungen Jahren war Laura Herr eine ambitionierte Langläuferin. Nachdem sie den Sprung in den Weltcup knapp verpasst hat, liess sich die Schwarzwälderin zur Physiotherapeutin ausbilden. Seit drei Jahren arbeitet sie in der Slalom-Gruppe von Swiss Ski, wo sie Herausragendes leistet. «Laura arbeitet wie eine geniale Maschine», schwärmt Trainer Joris. «Nachdem sie den Zustand von Daniel Yule, Marc Rochat und Ramon Zenhäusern enorm verbessern konnte, hat Laura nun auch beim Rücken von Luca extrem viel Positives bewirkt.»

Die Cou-Cousine des ehemaligen Weltklasse-Skispringers Alex Herr freut sich über das Kompliment, spielt den Ball aber weiter: «Es haben viele andere einen grossen Anteil an der erfreulichen Entwicklung von Luca. Ich denke da vor allem an seinen Athletik-Coach Patrick Flaction, welcher das Trockentraining perfekt auf Luca angepasst hat.» Aerni sagt, «dass wir drei perfekt zusammen harmonieren. Patrick und Lara haben geniale Fähigkeiten, mittlerweile weiss aber auch ich selber ziemlich genau, was mein Körper braucht.»

Die antike Bindung

Bis letzten Winter fuhr Aerni wie alle anderen Fischer-Piloten mit einer Tyrolia-Bindung. Auf Eis-Pisten funktionierte die Kombination Fischer-Tyrolia optimal, auf weichem Schnee hatten die «Fishermens» aber häufig grosse Problem. Deshalb erteilte Fischer-Rennchef Sigi Voglreiter seinen Athleten im letzten Frühling die Erlaubnis, auf die Marker-Bindung umzusteigen. Kaum zu glauben, aber wahr: Das deutsche Produkt ist 35 Jahre alt! Aerni fühlt sich damit aber wie neu geboren: «Die erste Trainingsfahrt mit der Marker-Bindung war für mich ein ganz krasses Erlebnis. Auf einmal konnte ich wieder die direktesten Linien fahren, was zuvor nicht funktioniert hat.» Übrigens: Auch Sölden-Sieger Alexander Steen-Olsen setzt auf diese Uralt-Bindung, obwohl sein Ski-Ausrüster Rossignol mit dem Bindungshersteller Look verknüpft ist.

Der sportliche Seitensprung

Seit 2018 residiert Aerni mit seiner Herzdame Audrey in der Region Crans-Montana unweit vom weltberühmten Golfplatz. Er ist bereits offizieller Botschafter der Schweizer Golf-Vereinigung (ASGI). Und seit Luca regelmässig den Schläger schwingt, wirkt er im mentalen Bereich stabiler als vorher. «Ich habe beim Golfspielen tatsächlich etwas gelernt, was mir auf der Skipiste enorm weiterhilft», bestätigt der Mann mit dem Handicap 12,7 und geht ins Detail: «Es gibt Tage, wo dir im Golf auch als Amateur geniale Schläge gelingen. Am Tag darauf machst du gefühlt genau dasselbe, aber es funktioniert nicht mehr. Im Slalom ist es ähnlich. Auf einer Golfrunde ist mir bewusst geworden, dass man an solchen Tagen nichts Riskantes probieren, und stattdessen grundsolide zu Werke gehen sollte.»

Mit dieser Taktik hat Aerni sich in der letzten Weltcupsaison in der Slalom-Weltrangliste von Platz 28 auf Rang 19 verbessert. «Es hat einige Rennen gegeben, in denen ich nicht voll ans Limit gegangen bin, und trotzdem wertvolle Punkte gewonnen haben.» Aber weil Aernis Form aktuell so gut ist, wird er am kommenden Sonntag beim Slalom in Levi kompromisslos attackieren können.

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