Das Lächeln von Niels Hintermann wirkt ziemlich gequält, wenn er von Journalisten mit Peter Müller verglichen wird. «Ich finde es zwar absolut grandios, was Pitsch als Rennfahrer geleistet hat, schliesslich gehört er zu den grössten Abfahrern der Weltcup-Geschichte. Aber menschlich sind wir beide komplett verschieden.»
Wie unterschiedlich Müller und Hintermann tatsächlich ticken, wird bereits im März 2016 deutlich. Blick führt die alte und neue Zürcher-Abfahrts-Hoffnung damals für ein Doppel-Interview in Müllers Sportgeschäft zusammen.
Legendärer Schlagabtausch mit Müller
Aber weil Niels zu diesem Zeitpunkt für einen grossen Sporthändler Werbung macht, muss er ungefähr eine halbe Stunde lang an der Kälte vor Müllers Laden-Türe ausharren. «Ich lasse niemanden in mein Geschäft, der auf seine Kappe das Logo von einem Unternehmen trägt, welches ständig meine Preise herunter drücken will!»
Erst als der Bülacher seine Mütze auszieht, öffnet sich für ihn die Türe von Müllers Sport-Reich.
Dort entwickelt sich ein denkwürdiger, verbaler Schlagabtausch. «Niels, wie lange brauchst du auf den Titlis hinauf?», will der Abfahrts-Weltmeister von 1987, zuerst wissen. «Ungefähr eine Stunde», antwortet Hintermann. Müller, der auch 30 Jahre nach dem Rücktritt als Rennfahrer immer noch herausragende Ausdauerwerte an den Tag legt, ist ziemlich beeindruckt: «Von Engelberg aus in einer Stunde auf den Titlis laufen, ist wirklich nicht so schlecht.» Aber Hintermann winkt ab: «Ich renne nicht in einer Stunde auf den Titlis. So lange brauche ich, bis ich mit der Bahn oben bin…»
«Du musst härter trainieren!»
Der Altmeister aus Adliswil ZH reagiert mit entsetzten Gesichtsausdruck auf diese Klarstellung. «Niels, Du musst im Sommer im Kraft-und Ausdauertraining viel härter trainieren, als du das bis jetzt getan hast», meint Pitsch zum Abschluss des Gesprächs.
Und jetzt? Obwohl der Genussmensch Hintermann sein Leben nicht ganz so konsequent dem Rennsport unterordnet, wie das Müller getan hat, hat sich der 26-Jährige in diesem Winter zu einem richtig starken Abfahrer entwickelt. Neben den beiden dritten Rängen in Bormio und Gröden fuhr er auch in Beaver Creek (7.) und Kitzbühel (8. und 9.) in die Top-Ten.
Im Kreis der Favoriten angekommen
Und somit gehört der Zürcher Unterländer, der mittlerweile mit seiner Freundin am Zollikerberg residiert, auch bei den Olympischen Spielen in Peking zum erweiterten Favoritenkreis. Und Hintermann reagiert euphorisch, wenn er auf die Bedingungen in China angesprochen wird: «Die haben dort wirklich ein gigantisches Ski-Ressort aus dem Boden gestampft, nur schon die Einfahrpiste ist vom Allerfeinsten.»
Übrigens: Eine Gemeinsamkeit gibt es zwischen Peter Müller und Niels Hintermann dann doch noch. Beide haben ein Faible für Sportwagen. Aber während Müller lange selber einen Porsche gefahren ist, hat sich Hintermann seine Traumautos bislang lediglich mit Legosteinen zusammengebaut. «Zuletzt habe ich mir einen Ferrari F 40 gebastelt», erzählt «Cinghi». «Aber bis ich mir ein solches Auto im Original leisten kann, muss ich im Weltcup wohl noch mindestens 50 Mal aufs Podest fahren».
Die 24. Olympischen Winterspiele finden vom 4. bis 20. Februar 2022 in der chinesischen Hauptstadt Peking statt. Alle Infos zur Eröffnung, Übertragung, Wettkampfterminen, Disziplinen, Neuerungen, Austragungsstätten und Maskottchen erfahren Sie in der grossen Übersicht.
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