BLICK: Beat, mit welcher Ziffer bewerten Sie auf einer Skala von 1 bis 10 ihren Formstand?
Beat Feuz: Schwer zu sagen, aber ich nehme jetzt Mal die 7. Damit gibt es für den weiteren Saisonverlauf noch etwas Luft nach oben. Aber ich habe auf jeden Fall gut trainiert und fühle mich fit.
Obwohl Sie zu Beginn ihrer Karriere von ihren Trainern als «schlampiges Genie» bezeichnet wurden, liefern Sie seit Jahren konstant Top-Leistungen ab. Wie erklären Sie sich diesen Wandel?
Ich bin kein so grosser Fan von Rennfahrern, die bereits in ihrer Jugendzeit komplett professionell leben. Die Gefahr ist gross, dass solche Typen mangels Spass schnell den Verleider bekommen. Ich finde, man muss sich auch als Sportler die Hörner abstossen können. Das habe ich genau wie auch ein Dominik Paris getan. Und wir haben beide aus unserer Vergangenheit viel gelernt, das hat uns weiter gebracht.
Im letzten Winter haben Sie sich im Kampf um die Abfahrts-Kristallkugel ziemlich knapp gegen diesen Dominik Paris durchgesetzt. Wird der Italiener auch in diesem Winter Ihr schärfster Widersacher sein?
«Domme» wird sicher erneut eine sehr starke Rolle spielen. Aber ich habe noch sechs oder sieben andere Athleten im Kopf, die regelmässig vorne landen können. Und ich glaube, dass Carlo Janka in den nächsten Rennen sehr viele Leute überraschen wird.
Aber Janka hat zwischen August und November aufgrund von Rückenbeschwerden kaum trainiert ...
Janka ist ein derart genialer Skifahrer, dass er nicht so viele Trainingstage braucht. Wenn sich bei Carlo wie in den letzten Tagen die Beschwerden in Grenzen halten, traue ich ihm enorm viel zu.
Während Janka im letzten September Vater wurde, ist ihre Tochter Clea bald eineinhalb Jahre alt. Können Sie bereits ein wenig mit ihr plaudern?
Sie meldet sich mit «Hallo», wenn ich nach Hause telefoniere. Und sie kann bereits sehr deutlich «Ja» und «Nein» sagen.
Lassen Sie uns noch über ihre besondere Lake Louise Geschichte reden. Bevor Sie hier 2017 triumphierten, mussten Sie an diesem Ort einige Schmerzen ertragen.
Ja, bei meinem Lake Louise-Debüt 2008 habe ich mich im Training am Meniskus verletzt. Danach erlebte ich die verrückteste Reise meines Lebens.
Warum?
Ich wollte von Calgary über Frankfurt nach Zürich fliegen. Doch als ich um 22 Uhr in Frankfurt landete, wurde der Weiterflug in die Schweiz wegen eines Schneesturms abgesagt. Weil ich am nächsten Morgen wegen der Operation im Bernbiet sein musste, bin ich mit drei andern Schweizern in ein Taxi gestiegen. Die Fahrt hat 1200 Franken gekostet. Um Vier Uhr Morgens fuhr ich in Thun ein, wo mich meine Mutter abgeholt hat. Weil bis zum OP-Termin um 8 Uhr kaum noch Zeit zum schlafen blieb, sagte ich zu den Ärzten: «Ich bin derart Müde, dass ich gar keine Narkosespritze benötige!»