Österreichs Abfahrer stehen vor einer historischen Pleite
Bei den Männern war die Differenz zwischen den führenden Alpin-Nationen Schweiz und Österreich in 58 Jahren Weltcup noch nie so gross wie jetzt. Während unsere Skigenossen in Kvitfjell (No) dank Franjo von Allmen, Marco Odermatt und Stefan Rogentin mit dem Dreifachsieg in der achten Weltcup-Abfahrt dieses Winters die Podiumsplätze 15, 16 und 17 eingefahren haben, stehen die Österreicher in der Königs-Disziplin vor dem Finale in Sun Valley (USA) ohne einen einziges «Stockerl» da! Auch disziplinübergreifend sehen unsere einst grössten Rivalen nicht gut aus. Die Schweizer haben in diesem Winter 14 Weltcuprennen gewonnen, die Österreicher sind seit Manuel Fellers Slalom Triumph in Palisades Tahoe am 25. Febraur 2024 sieglos. In der Saison 1986/87 hat die rot-weiss-rote Equipe zwar auch keinen Sieg eingefahren, eine Saison ohne Podestplatz in der Abfahrt hatte der ÖSV bis dato aber noch nie.
Beaver-Creek-Held muss erneut unters Messer
Trotz der grandiosen Erfolgsserie gibt es auch im Schweizer Lager ein paar Abfahrer, die derzeit nicht besonders gut gelaunt sind. Beaver-Creek-Sieger Justin Murisier muss seit längerer Zeit mit täglichen Schmerzen leben. Im Knie des Wallisers haben sich knöcherne Auswüchse gebildet, welche zu heftigen Schwellungen führen. Der 33-Jährige, welcher zwischen 2011 und 2018 drei Kreuzbandrisse erlitten hat, wird deshalb im April eine weitere Operation über sich ergehen lassen müssen. Vorher wird der heroische Kämpfer aber am 22. März in Sun Valley die finale Abfahrt bestreiten. Für Marco Kohler (27) ist die Saison dagegen vorzeitig beendet. Der Berner Oberländer hat in der Abfahrt-Gesamtwertung den entscheidenden 25. Rang um drei Punkte verpasst, obwohl er im Dezember in Bormio elf Monate nach dem am Lauberhorn erlittenen Kreuzbandriss mit dem neunten Rang glänzte. Somit ist der Jugendfreund und Markengefährte von Marco Odermatt beim Weltcupfinal nicht startberechtigt.
Vater von Sloweniens Speed-Sensation einst wegen Bschiss gesperrt
Miha Hrobat gehört zu den grössten Überraschungen dieses Winters. Obwohl das slowenische Abfahrtsteam nur über geringe finanzielle Mittel verfügt, hat der 30-Jährige aus der Region Ljubljana bei den Abfahrten in Beaver Creek und Wengen den Sprung auf das Podest geschafft. Und am Sonntag sorgt der 1,74-Meter-Mann im Kvitfjell-Super-G dafür, dass erstmals in dieser Weltcup-Saison ein Speed-Rennen ohne Schweizer auf dem Podium endet – als Dritter ist Hrobat mit der Startnummer 21 eine Hundertstelsekunde schneller als Marco Odermatt. Weniger ruhmreich ist die Geschichte von Hrobats Vater Borut. Was ist passiert? Hrobat Senior war im Januar 2014 Rennleiter bei vier Fis-Rennen in Slowenien, in denen sich die thailändisch-britische Star-Geigerin Vanessa Mae die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Sotschi sicherte. Später wurde festgestellt, dass bei diesen Riesenslaloms manipuliert wurde. Borut Hrobat wurde daraufhin als Funktionär vom internationalen Skiverband für zwei Jahre gesperrt.
Paris zieht mit Peter Müller gleich und möchte in der Schweiz abrocken
Nachdem Dominik Paris mit seinem Triumph in der ersten Kvitfjell-Abfahrt einen Schweizer Vierfachsieg verhindert hatte, war der Südtiroler am Sonntag auch im Super-G der Schnellste. Damit hat der 35-Jährige im ewigen Weltcup-Ranking zwei Ikonen eingeholt. Paris hat jetzt genau wie sein Landsmann Gustavo Thöni (74) 24 Weltcupsiege auf dem Konto und ist damit hinter Alberto Tomba (58, 50 Siege) die Nummer 2 in Italien. Den zweiten Rang belegt der 100-Kilo-Gigant auch in der Rubrik Abfahrtssiege. Paris weist in der Königsdisziplin wie der Zürcher Peter Müller (67) 19 Weltcuperfolge auf. Österreichs Franz Klammer (71) ist in dieser Wertung mit 25 Siegen einsame Spitze. Nach der Ski-Saison will Paris als Sänger mit seiner Metal-Band «Rise of Voltage» durchstarten. «Sicher ist, dass wir am 5. Juli beim renommierten Metal-Festival im Mölltal auftreten werden. Falls es auch in der Schweiz Konzert-Veranstalter gibt, die Interessen an uns haben, können sie sich gerne via Homepage bei uns melden», sagt Paris zu Blick.
Fluor- und Bindungsfalle schlägt zu
Das Thema schien längst vom Tisch, tritt in Are aber wieder an die Oberfläche: Das Fluor-Verbot. Warum? Weil bei Marta Bassino (29, It) im Riesenslalom ein zu hoher Wert gemessen wird. Bei der Squadra Azzurra versteht man die Welt nicht mehr – schliesslich haben man die gleichen Bürsten verwendet wie eh und je. Bassino nützt das nichts, sie wird zur Halbzeit aus dem Rennen genommen. Das Theater passt in ihre verpfuschte Saison – die Super-G-Weltmeisterin von 2023 erlebt die schwierigste Zeit ihrer Karriere. Auch Lokalmatadorin Sara Hector (32) wird einen Tag später disqualifiziert – ihre Bindung ist zu hoch. «Mein Servicemann hat einen Fehler gemacht. Aber wir sind ein Team, ich mache ihm keinen Vorwurf.»
Austria-Festspiele auf der Streif
Nadine Fest (26) ist die österreichische Antwort auf Marco Odermatt – wenn auch einer Stufe unter dem Weltcup. Da führt Fest im Gesamt-, Abfahrts-, Super-G und Riesenslalom-Europacup. Diese Dominanz untermauert sie bei den ÖSV-Festspielen (Nomen est Omen) in Kitzbühel – sie wird in den Super-Gs auf der Streif Erste und Dritte. Startet die Kärntnerin im nächsten Winter auch im Weltcup durch? Oft hat sie es schon versucht, nun scheint die Zeit dafür reif. Übrigens: Die Österreicherin holen daheim zuerst einen Vierfach- und danach einen Dreifachsieg.
Sprücheklopferin endlich ganz oben
Mit 29 Jahren und beim 186. Rennen hat es Katharina Truppe geschafft: Sie holt mit dem Triumph im Slalom ihren ersten Weltcupsieg. «Meine Füsse zittern, ich kann kaum stehen», sagt sie überglücklich. Nur einen Tag zuvor hatte sie angekündigt, künftig nur noch Slaloms zu fahren und den Riesenslalom aufzugeben. Hat offensichtlich gewirkt. Bekannt ist Truppe auch für ihre guten Sprüche. «Der Wurm sitzt so tief. Ich weiss nicht, welches Wurmmittel ich nehmen muss, damit das besser wird», sagte sie einmal. «Der Start war ganz gut, aber dann hat die Schlaftablette zu wirken begonnen», gehörte auch zu ihrem Repertoire. Und nach Levi erklärte sie: «Ich bin gefahren wie ein Bleistift.»
Schweiz oder Italien? 7 Punkte sind es noch
Federica Brignone (34) punktet derzeit so satt, dass der Schweiz Angst und Bange wird. Zumindest ist sie hauptverantwortlich dafür, dass die Italienerinnen im Nationenranking nur noch 7 Punkte hinter den Swiss-Ski-Frauen liegt. Immerhin: Realistischerweise kämpfen zwei Schweizerinnen noch um Kugeln: Lara Gut-Behrami im Super-G (Vorsprung: 55 Punkte) und Camille Rast im Slalom (Rückstand: 41 Punkte). Zweimal Kristall? Wäre doch auch was – Länderkampf hin oder her.
Vom Himmel in die Hölle
Vor einer Woche gewann Emma Aicher (21, De) in Kvitfjell ihr erstes Weltcuprennen – eine Abfahrt. Klar, dass sie nun in ihrer Heimat Schweden zeigen wollte, warum sie als grösstes Allround-Talent (sie ist die einzige, die alle Disziplinen fährt) der Welt gilt. Nun wird manch einer fragen: «In ihrer Heimat?» Tatsächlich wurde Aicher nicht nur in Schweden geboren, ihre Mutter ist auch Schwedin und sie spricht auch die Sprache fliessend. «Familie und Freunde werden kommen», ich freue mich riesig, sagte sie vor dem Wochenende. Danach ging aber alles in die Hose, Aicher verpasste im Riesenslalom den zweiten Lauf und schied im Slalom aus. Immerhin: Viel Zeit zum sich ärgern hat sie nicht. Schon am Dienstag bestreitet im 2000 Kilometer entfernten La Thuile (It) das erste Abfahrtstraining. Stress pur!