Rekordsiegerin Lindsey Vonn (32) und Wunderkind Mikaela Shiffrin (21): Ihr Wort hat im Ski-Zirkus Gewicht. Und das ist auch gut so. Aber auch sie sind nicht davor gefeit, den verbalen Bogen zu überspannen. Genau das taten sie in Crans-Montana. Ihre Kritik an der FIS war überzogen.
«Es war zu gefährlich, aber niemand wollte auf uns hören», erklärte Vonn. Shiffrin sprach gar von einem «Massaker», das zugunsten einer Show aufgeführt wurde.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Klare Meinungen sind erwünscht. Sogar sehr. Schliesslich gehen uns die gebetsmühlenartig vorgetragenen Floskeln im Sport schon längst auf den Geist. Allerdings sollte man, trotz der Emotionen, nicht einfach wild um sich schiessen.
Die Anklagenden – Vonn und Shiffrin waren nicht die einzigen – zielten letztlich direkt auf einen Mann: Atle Skardaal, seinerseits FIS-Renndirektor.
Man bekam den Eindruck, als sei er die Wiedergeburt des Bösen. Ein Alleinherrscher. Dem ist nicht so. Nicht mal ansatzweise. Der besonnene Norweger, früher übrigens ein Top-Skifahrer, ist ein Mann des Konsens. Alles andere als beratungsresistent, sondern offen für (konstruktive) Kritik. Trainer, Athleten-Repräsentanten, Renn-Jury: Sie alle dürften vor dem Rennen ihren Senf bei ihm deponieren. Vor der «Skandal-Kombi» von Crans-Montana gab es aber offenbar kaum Einwände.
«Das war viel einfacher als erwartet», sagte Maria Therese Tviberg im Zielraum. Bloss hörte der eher unbekannten Speed-Spezialistin kaum jemand zu. Der Tenor war bereits klar: Die FIS hatte versagt.
Richtig ist: Das Rennen war anspruchsvoll, aber nicht gefährlich. Der Schnee weich, doch die Piste brach nicht. Und: Letztlich kann jede Athletin selber entscheiden, wie viel Risiko sie auf sich nehmen will. Auch das sollte man nicht vergessen.