Daniel Yule spricht nach abruptem Saison-Ende
«Ich bin nicht bereit, für Siege ein Arschloch zu sein!»

Mit einem Exploit in Kranjska Gora hätte Daniel Yule (27) die 47 Punkte Rückstand im Slalom-Weltcup noch aufholen können. Doch nun fallen auch die Rennen in Slowenien dem Corona-Virus zum Opfer. Wie geht der Walliser damit um?
Publiziert: 13.03.2020 um 10:52 Uhr
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Daniel Yule spricht im Interview Klartext.
Foto: keystone-sda.ch
Marcel W. Perren

Die Skisaison endet vor­zeitig, die Slalom-Kugel müssen Sie kampflos Henrik Kristoffersen überlassen. Können Sie die Entscheidung der FIS nachvollziehen?
Yule: Ja, wir Sportler haben eine Vorbildfunktion. Wir wären schlechte Vorbilder, wenn wir dieses Wochenende unweit vom Corona-Brennpunkt in Italien Weltcuprennen gefahren wären.

Überwiegt bei Ihnen die Freude über Ihre drei Saisonsiege oder der Ärger über die verpasste Kugel?
Die Freude über meine drei Siege. Ich fahre Ski, weil ich grosse Rennen gewinnen will. Klar, der Gewinn einer Kugel ist sportlich extrem wertvoll. Aber letztlich bleiben die besonderen Einzelsiege in Erinnerung. Nehmen wir Didier Cuche: Obwohl ich ihn bewundere, kann ich nicht auswendig sagen, wie viele Kugeln er gesammelt hat. Dafür weiss ich ganz genau, dass er fünf Mal in Kitzbühel gewann.

Cuche hat viermal die Abfahrts- Kugel und je einmal die Super-G- und Riesenslalom-Kugel geholt.
Okay. Trotzdem: Mein Sieg in Adelboden war der bisher emotionalste Moment meiner Karriere. Die Stimmung war genial. Als die Nationalhymne gespielt wurde, habe ich auf wundervolle Weise gespürt, wie viele Menschen sich mit mir freuen. Solche Emotionen hätte ich bei einer allfälligen Übergabe der Slalom-Kristallkugel in Kranjska Gora nicht gespürt. Deshalb freue ich mich umso mehr über meine Siege in diesem Winter. Und ich gratuliere Henrik Kristoffersen zum Gewinn der Kugel.

Einige Athleten können Kristoffersen nicht ausstehen. Wie verstehen Sie sich mit dem Norweger?
Henrik ist ein überragender Skifahrer. Was das Menschliche anbelangt, möchte ich es so formulieren: Ich bin nicht gewillt, für Siege ein Arschloch zu sein. Bei Henrik gab es aber Zeiten, in denen er für Erfolge auf einen anständigen Umgang mit seinen Konkurrenten verzichtete. Aber ich finde, dass er sich im Vergleich zum letzten Winter als Mensch stark verbessert hat. Als Athletensprecher der FIS habe ich mit ihm einige sehr gute Gespräche geführt – wir denken in vielerlei Hinsicht gleich.

Wie grosse Sorgen bereitet Ihnen das Coronavirus?
Ich habe keine Angst davor. Ich bin 27, und wenn ich mich infizieren sollte, würde ich wahrscheinlich mit ein bisschen Fieber und Husten davonkommen. Aber ich mache mir Gedanken wegen meiner Angehörigen. Mein Vater wird 71 Jahre alt, für ihn könnte eine Ansteckung gefährlich sein. Deshalb versuche ich, die älteren Menschen in meinem Umfeld so gut wie möglich zu schützen.

Wie denn?
Ich bin kein Mediziner, ich verlasse mich auf die Vorschläge des Bundesamts für Gesundheit. Ich schüttle bei Begrüssungen keine Hände, verzichte auf Umarmungen und wasche mir mehrmals am Tag sauber die Hände.

Gehen Sie nach dem Saisonende nun auch vorzeitig in den Urlaub?
Nein, für mich hat mit der Absage in Kranjska Gora die Vorbereitungen für den Winter 2020/21 begonnen. Ich bin in Österreich und werde dort in den nächsten Tagen die Ski für die kommende Saison testen.

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