Kein Bild kann den Schmerz von Anna Veith intensiver ausdrücken, als dieses, das bei der Operation 2015 entstand, als bei der Osterreicherin Risse im Kreuzband, im Innenband und in der Patellarsehne geflickt wurden. BLICK sprach mit ihr über die Zeit zwischen dem Olympiasieg in Sotschi und dem Vize-Olympiasieg in Pyeongchang und erlebt eine Anna Veith, die über das Leiden und Hoffen spricht, über das Kämpfen und Quälen und die besondere Freundschaft zu Lara Gut.
«Damit man sich vorstellen kann, was genau mein Problem war. Mir war es wichtig, dass man ein Bild von dem kriegt, was an der Sehne kaputt war. Mir hat es sehr geholfen zu sehen, was da genau verwachsen und wie gross es war. Das Fläschchen gibt es immer noch, es liegt in meiner Medikamentenschublade.»
«Es war auf jeden Fall leichter als bei meiner ersten Operation. Ich habe ja schon gewusst, was auf mich zukommt. Habe diese Reha mit viel mehr Erfahrung angehen können – und ich hatte das Gefühl viel mehr zu wissen. Daher war es mir umso wichtiger, mir viel Zeit zu geben. Was sich jetzt ja ausgezahlt hat.»
«Wir haben uns ein schönes gemeinsames Abendessen gegönnt und uns verwöhnen lassen. Kinder - ja, irgendwann auf jeden Fall. Ich kann mir es gut vorstellen einmal eine Familie zu gründen. Denn aktuell lebe ich mein Leben sehr egoistisch und möchte die Dinge, die mich im Leben geprägt haben, auch mal weitergeben können.»
«Quälen war es eigentlich keins. Aber es war schon schwierig, weil ich das Gefühl gehabt habe, mein Körper braucht einfach Zeit und ich kann nicht gleich wieder auf 100 Prozent gehen. Meine Sehnen haben das Tempo vorgegeben und es war schon eine Herausforderung zu spüren – wie schnell kann ich weitermachen, wie sehr kann ich die Belastung steigern.»
«Ein neuer Schuh wurde angepasst – eine neue Schale und hier haben wir gerade für den Innenschuh eine Zunge geschäumt. Eine Massanfertigung. Passt perfekt.»
«Lara und ich waren im Sommer zusammen ein paar Tage am Ammersee. Ich habe das Gefühl, dass wir sehr parallel Dinge erlebt und geschafft haben. Wir waren beide sehr erfolgreich und es ist sehr selten, dass man eine so enge Freundschaft mit jemand hat, der die gleichen Dinge auf eine ganz andere Art durchlebt. Es tut sehr gut, jemanden zu haben mit dem man Dinge besprechen kann, die andere nicht verstehen. Unsere Freundschaft bedeutet mir sehr viel und ich bin froh dass es so ist.»
«Das war ein Moment, auf den man sich sehr lange freut und hinarbeitet. Und als er dann da war, war - war das schon mit extremen Gefühlen verbunden: Emotional, aber auch sehr viel Erleichterung, dass es an dem Tag auch so gut funktioniert hat. Ich habe da gleich gemerkt, was ich in der Reha gemacht habe, war genau richtig.»
«Schlafen ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen - von dem her kann ich mich recht gut runterfahren, muss es jedoch auch immer bewusst machen. Zumal aktuell, wo es mir sehr gut geht und ich viel trainieren möchte und das Pensum weiter erhöhen. Und genau da muss ich dann bewusst immer wieder gegensteuern und rausnehmen. Abschalten und Regeneration funktionieren aber sehr gut bei mir.»
«Es war das Gefühl, ein gewisses Tal ist hinter mir und jetzt geht es wieder steil bergauf. Zu wissen - jetzt bin ich an einem Punkt angelangt, den ich so herbeigesehnt habe. Ein unglaubliches Glücksgefühl, als dieser Moment dann da war...»
«Es nach Pyeongchang geschafft zu haben, bedeutete mir sehr, sehr viel. Weil ich wusste, dass es eben nicht selbstverständlich war, so stark wieder zurückzukommen. Als Fahnenträgerin ins Olympische Stadion zu laufen, war unbeschreiblich und wunderschön. Einfach Gänsehaut pur – der Moment als «Austria» aufgerufen wurde und dann vorneweg mit unsere Team einmarschieren zu dürfen, war richtig schön – etwas das man nicht mehr vergisst.»
«In den letzten zwei Jahren hatte ich einen Traum. Dieser wurde mit Olympia-Silber im Super-G wahr. Es ist meine Geschichte von Sotschi bis Pyeongchang. Von Gold zu Silber, vom Himmel in die Hölle, von den Schmerzen zum Glück.»