Marco Odermatt (24) und Justin Murisier (29) teilen sich im Ski-Zirkus oft das Zimmer. Es ist im Spätherbst, als der Nidwaldner und der Unterwalliser im Teamhotel in Absprache mit ihren Trainern und Loic Meillard eine ganz besondere Entscheidung treffen.
«Wir verzichten auf den unfairen Weltcup-Parallel-Riesenslalom in Lech und fliegen stattdessen früher nach Nordamerika, damit wir uns dort optimal auf die Super-G in Lake Louise und Beaver Creek vorbereiten können». Dieser Plan löst damals vor allem im Ausland Kopf schütteln aus. Einige Experten glauben, dass Odermatt mit seinem Forfait in Lech entscheidende Punkte für den Gesamtweltcup verschenken könnte. Doch nun ist dieser Plan zumindest im Super-G von Beaver Creek voll aufgegangen.
«Die Türe war für mich relativ weit offen»
Auf der «Birds of Prey», wo «Odi» vor zwei Jahren seinen ersten grossen Sieg gefeiert hat, fährt der 24-Jährige nun seinen sechsten Weltcupsieg ein. Dabei liefert er kurz vor dem Ziel einen heftigen Schocker, indem er beinahe am zweitletzten Tor vorbei springt. Trotzdem liegt das Jahrhundert-Talent in der Endabrechnung fast acht Zehntel vor Österreichs Doppel-Olympiasieger Matthias Mayer (31).
«Ich weiss selber nicht genau, wie ich das geschafft habe», offenbart der grosse Sieger. «Ich hatte das Gefühl, dass ich im Mittelteil die Passage kurz vor dem Flachstück voll habe. Deshalb habe ich unten noch mehr riskiert, und konnte einen Ausfall nur knapp verhindern.» Vor seinem Start mit der Nummer 7 hat sich Marco noch die Fahrten von Mayer (Nummer 3) und Weltmeister Vincent Kreichmayer (7) im TV angesehen: «Die beiden sind zwar solide gefahren, aber sie haben keinen Top-Lauf erwischt. Da war mir klar, dass die Türe für mich relativ weit offen ist. Mit dieser Gewissheit habe ich noch mehr riskiert.»
Murisiers zeigt es seinem Ex-Chef
Viel Risiko geht auch sein Kumpel Murisier mit der Startnummer 34 ein. Und auch er wird ordentlich belohnt. Als Achter realisiert der Riesenslalom-Spezialist sein zweitbestes Super-G-Ergebnis nach dem fünften Rang im letzten Winter in Saalbach.
Für den 29-Jährigen ist das auch deshalb eine besondere Genugtuung, weil er aufgrund seines Verzichts vom Parallel-Riesen in Lech von seinem ehemaligen Cheftrainer Walter Hlebayna lächerlich gemacht wurde.
Der Österreicher Hlebayna, der mittlerweile Präsident vom Vorarlberger Skiverband ist, gab im Online-Portal der Kronenzeitung folgenden Kommentar ab: «Ob der Murisier dabei ist oder nicht, interessiert überhaupt keinen.» Nun hat Murisier seinem Ex-Chef endgültig das Maul gestopft.
Mit Gino Caviezel (29) überzeugt bei diesem Super-G auch noch ein dritter Schweizer aus der Riesenslalom-Gruppe - der Bündner egalisiert als Zehnter sein Bestergebnis in dieser Disziplin.