Beat Feuz und Stefan Hofmänner am Lauberhorn gefordert
«Dieser Sport kann so krass schön und so unglaublich hart sein»

Siege, Dramen und viel Stoff für Diskussionen. Blick schaute dem SRF-Kommentatoren-Duo Hofmänner und Feuz während den Lauberhorn-Tagen über die Schultern.
Publiziert: 13.01.2024 um 21:03 Uhr
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Aktualisiert: 14.01.2024 um 08:22 Uhr
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Beat Feuz (l.) und Stefan Hofmänner bei der Besichtigung der Lauberhornpiste.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Als Beat Feuz am Dienstag mit der Bahn Richtung Wengen fährt, ist es fast so wie all die vielen Jahre zuvor, seit er 2010 zum ersten Mal bei einem Weltcup-Rennen am Lauberhorn an den Start ging. Ein Ort, der dem Schangnauer so vertraut ist – vertraute Gesichter, vertraute Geschichten, vertraute Bergwelt.

Und trotzdem ist es diesmal anders. Beat Feuz kehrt nicht als Skirennfahrer zurück, sondern als SRF-Co-Kommentator an der Seite von Stefan Hofmänner (57). Sein Debüt hinter dem Mikrofon gab Feuz vor Weihnachten in Gröden.

Souverän hat er diese Premiere gemeistert, ruhig und abgeklärt. Ganz so, wie er es schon als Skifahrer stets aussehen liess, leicht und locker. «Ich bin schon etwas entspannter, seit ich nicht mehr fahren muss», sagt er und betont, dass er seinen letztjährigen Rücktritt nicht bedaure und es ihn nicht mehr reize, an den Start zu gehen und sich die Lauberhornpiste wettkampfmässig hinunterzustürzen.

Trotzdem tut er es schon am ersten Tag. Doch vor der ersten von zwei Doppel-Kamerafahrten mit Marc Berthod muss er sich zuerst einfahren, sich wieder an die langen Latten gewöhnen. «Seit einem Jahr, seit meinem letzten Rennen in Kitzbühel, habe ich die langen Ski nicht mehr angeschnallt. Da macht es schon Sinn, dass ich mich zuerst wieder dran gewöhne.»

Zufällige Begegnung auf dem Sessellift

Österreichs Speed-Chef Sepp Brunner schaut zufällig zu, wie da einer den Hang hinunterbrettert, und denkt sich, ohne Feuz zu erkennen: «Mensch, der Bursche fährt aber richtig gut.» Feuz kanns noch und begeistert noch immer alle. Er ist ein Star zum Anfassen geblieben. Als er am Mittwochmorgen in der überfüllten Bahn hinauf zur Wengernalp seine Kappe abzieht, springen die Leute auf. «Ah lueg da der Feuz, tschou Beat, chan i bitte es Outogramm ha?» Er nimmt sich immer Zeit für Autogramme, für Selfies, für einen Small Talk.

Auch Stefan Hofmänner wird auf den Strassen von Wengen oft angehalten. Es gibt Lob. «Ihr machet das richtig guet.» Auch er geht auf die Fans ein, weiss, wie wichtig sie sind für diesen Sport. Obwohl Feuz und Hofmänner noch nicht lange zusammenarbeiten, harmonieren sie als Kommentatoren-Duo, als würden sie das schon ewig machen.

«Die Geschichte begann schon vor Jahren», erzählt Hofmänner. «Zufällig sassen wir hier in Wengen zusammen auf dem Sesselilift, und Beat fragte mich über meinen Beruf aus, zeigte grosses Interesse.» Im letzten Sommer kamen sie dann eher zufällig bei einem Gespräch wieder auf dieses Thema, und plötzlich lag die Idee der Zusammenarbeit auf dem Tisch. An fünf Destinationen wird Feuz diese Wintersaison von SRF eingesetzt. Alternierend mit Marc Berthod, der am Sonntag beim Slalom den Platz an Hofmänners Seite einnehmen wird. Feuz wird nach einem kurzen Abstecher heim zur Familie in Kitzbühel nächste Woche wieder im Einsatz sein.

Hofmänner zieht sich am Mittwochabend vor der Sprintabfahrt am Lauberhorn früh ins Hotelzimmer zurück. Er bringt seine Informationen, die er über jeden Fahrer gesammelt und im Laptop festgehalten hat, in die Reihenfolge der Startenden, datiert sie auf. Via Chat-Gruppe bekommt er von den ausländischen Kollegen die letzten News. Auch er gibt weiter, was es aus Schweizer Sicht zu vermelden gibt. So helfen sich die Kommentatoren gegenseitig. Noch weiss Hofmänner nicht, dass er und Feuz am Lauberhorn richtig gefordert werden.

Hohe Kunst des Überbrückens

Die Emotionen sind riesig, als Odermatt seinen Traumlauf bei der verkürzten Abfahrt am Donnerstag ins Ziel bringt. Auch beim Schweizer Kommentatoren-Duo ist der Puls hoch. Doch dann kommen die langen Unterbrüche, zuerst wegen des Nebels, dann wegen der medizinischen Versorgung des schwer gestürzten Marco Kohlers.

In dieser «halben Ewigkeit» ist die Redekunst von Feuz und Hofmänner gefragt. Aber auch der Rest des SRF-Teams reagiert gut. Lukas Studer interviewt im Ziel die Athleten und holt auch Alpin-Chef Walter Reusser vor die Kamera. Die Zuschauer erfahren, dass es einen Ski-Boom gibt bei den Buben und Mädchen in der Schweiz. «Alle wollen kleine Odis werden», sagt Reusser. Auch die Fahrt von Odermatt wird noch einmal gezeigt. Feuz kommentiert sie zum zweiten Mal, und schliesslich vergleicht er via Splitscreen einzelne Abschnitte der beiden Führenden Odermatt und Sarrazin. Das ist die hohe Kunst der Zeitüberbrückung.

Feuz hätte im Ziel-S fast abgestoppt

«Es sind Bilder, die niemand sehen will», sagt Feuz am Abend nach dem Rennen und meint damit die Verletzung von Marco Kohler, mit dem er bei der Pistenbesichtigung noch gesprochen und gemerkt hat, dass der Meiringer richtig motiviert ist. Jetzt ist Pechvogel Kohler erneut schwer verletzt. Als er mit dem Heli abtransportiert wird und sein Kumpel Odermatt auf dem Leader-Sessel tief bewegt vom Pech seines Kumpels den Kopf schüttelt, sagt Hofmänner einen treffenden Satz: «Dieser Sport kann so krass schön und so unglaublich hart sein.»

Auch der dreifache Lauberhornsieger Feuz kennt die Hochs wie auch die Tiefs. 2012 und 2013 konnte er über ein Jahr lang wegen Knieschmerzen und nach etlichen Operationen nicht mehr Rennen fahren. Sogar eine Versteifung des Knies stand zur Diskussion, gar eine Amputation des linken Beins.

Es kam zum Glück anders und er erinnert sich an eine seiner Siegfahrten am Lauberhorn, er weiss nicht mehr genau, welche es war. «Ich spürte, dass ich schnell unterwegs war. Doch als ich ins Ziel-S einfuhr, sah ich im Augenwinkel am linken Rand eine Fahne, die heftig hin- und hergeschwenkt wurde. Ich dachte, dass ich abgewunken werde, weil etwas passiert sei. Ich war ganz nahe dran, abzustoppen, fuhr dann aber instinktiv doch noch ins Ziel und gewann. Es war wohl bloss ein Fan mit einer Fahne.»

Es sind genau solche Geschichten, die Hofmänner an Feuz so mag. «Beat hat immer etwas zu erzählen und macht das auch, das ist nicht nur unterhaltend, sondern passt ganz hervorragend zu seinem Job als Co-Kommentator.»

Wenn die beiden nebeneinandersitzen im Kabäuschen, gibt es zwar ein paar lose, aber keine festen Absprachen. Sie ergänzen sich ganz natürlich. Feuz hat dabei den Zettel mit der Startaufstellung vor sich, den er vollkritzelt mit Stichworten. Hofmänner hat den Laptop, worin er in Blitzesschnelle seine Informationen abrufen kann, die er akribisch vorbereitet hat – oft bis spät in die Nacht hinein. Während draussen die Party läuft, gönnt sich der Berner dann höchstens mal kurz eine Pizza to go. Und wird er abends nicht fertig, lässt er notfalls auch mal die Pistenbesichtigung am nächsten Tag sausen für den letzten Schliff.

«The show must go on»

Freitag, ein weiterer Traumtag, die Unterländer kommen in Scharen, Kuhglocken läuten. Sie holen die Schlafenden bereits frühmorgens aus den Federn. Die Patrouille Suisse lässt es am Himmel krachen. Wengen, das spektakulär gelegene Dorf im Berner Oberland, hat normalerweise 1300 Einwohner und 4700 Touristenbetten, jetzt wird es überflutet. Die Ski-Fans sind da, es geht rund. «Odi, Odi!»-Rufe überall. Tage, die man aus Schweizer Sicht umarmen könnte.

Doch wieder gibt es Drama auf der Piste. Wieder müssen Hofmänner und Feuz überbrücken, die richtige Tonlage finden, die richtigen Worte während dem langen Unterbruch, der durch Alexis Pinturaults bösen Sturz ausgelöst wird. «The show must go on», ruft Lauberhorn-Speaker Rainer Maria Salzgeber ins Mikrofon, als die Piste nach über zwanzig Minuten wieder freigegeben wird. Die Fans jubeln. Hofmänner wünscht sich am Abend nach dem Super-G, der Samstag möge doch etwas ruhiger werden. Diese Unterbrüche zu überbrücken, sei zwar eine spannende Herausforderung, aber meistens hervorgerufen durch ein trauriges Ereignis. «Das muss wirklich nicht sein.»

Das Drama wiederholt sich

Hofmänners Wunsch erfüllt sich nicht. Das Drama wiederholt sich auch am Samstag. Nach dem Herkulesritt von Marco Odermatt stürzt Aleksander Aamodt Kilde im Zielhang brutal. Der norwegische Superathlet, nachdem er schon die ganze Woche gekränkelt hatte, hatte am Ende der längsten Abfahrt der Welt keine Kraft und keine Kontrolle mehr über seine Ski. Feuz weiss, warum Kilde trotzdem gestartet ist. «Das sind alles Renntiere, die wollen Rennen fahren, um jeden Preis.» Und Dominik Paris sagt bei Lukas Studer im Zielraum: «Jeder, der da am Start ist, weiss, wie gefährlich dieser Sport ist. Aber darüber reden will niemand. Diese Gedanken dürfen nicht in unseren Kopf.»

Wieder muss der Heli kommen, wieder sind Feuz und Hofmänner am Mikrofon gefordert. Die akribische Vorbereitung der beiden zahlt sich nun aus. Die Überbrückung klappt erneut gut, und Feuz spricht ein wichtiges Thema an. «Macht es wirklich Sinn, dass man den Athleten neben dem Super-G noch Doppelabfahrten auf diesen schwierigen Strecken zumutet?»

Überbelastung als Diskussionsthema

Niels Hintermann sagt: «Drei so lange Speed-Rennen innerhalb dreier Tage, das ist eine brutale Belastung.» Und Sieger Odermatt, ein guter Freund von Kilde: «Ich hoffe, dass es eine Lektion ist, nie mehr drei Rennen in Serie anzusetzen.»

Das Thema Überbelastung wird den Skisport weiter beschäftigen, wie auch die Frage, wie hoch der Preis sein darf für das absolute Spektakel. Auch auf der gefürchteten Streif stehen nächste Woche zwei Abfahrten auf dem Programm.

So bleiben auch am Samstag gemischte Gefühle bei allen zurück. Die genialen Siege von Odermatt und das Traumwetter auf der einen Seite, die bösen Stürze und Verletzungen auf der anderen. Feuz reist am Samstagabend aus Wengen ab. Er wird in Kitzbühel wieder im Einsatz sein als Co-Kommentator. Und Hofmänner ist froh, dass am Sonntag der Slalom auf dem Programm steht. Da ist das Verletzungsrisiko weniger hoch. Aber wer weiss schon, was dieser Berg zum Abschluss dieser Woche noch bereithält.

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