307 Rennen im Weltcup, 26 bei Weltmeisterschaften, 7 Starts bei Olympia: Lara Gut-Behrami ist seit 15 Jahren im Ski-Zirkus unterwegs. Für Wolfgang Maier, Alpin-Direktor beim Deutschen Skiverband, ist dennoch klar: «So gut wie jetzt war Lara noch nie, sie ist auf dem Zenit ihres Schaffens.»
Was für ein Ritterschlag! Klar, davon will die Tessinerin auch nach ihrem Abfahrtssieg in Zauchensee nichts wissen. Gut-Behrami mag Vergleiche nicht. Noch weniger gerne blickt sie auf ihre Vergangenheit zurück. Sie ist einfach glücklich. «Das war eine tolle Fahrt. Es ist cool, dass ich wieder auf diesem Level fahren kann. Die Piste ist wunderschön und es macht richtig Spass, hier am Start zu stehen.»
Gut-Behrami brilliert am Gamskogel von Anfang an. Zu Ende der 72-Prozent-Startrampe ist sie bereits mit 119,64 km/h unterwegs – nur die tschechische Snowboard- und Ski-Olympiasiegerin Ester Ledecka ist noch etwas schneller. Dann verliert die Tessinerin im Gleitstück etwas Zeit, ehe ihre Schokoladen-Passagen anstehen: Kälberloch, Wasserschloss, Panorama-Kurve. Gut-Behrami fährt wie auf Schienen. Maier: «Was sie da gezeigt hat, ist einfach Weltklasse. Als Riesenslalomfahrerin fährt sich bei solchen technischen Passagen einfach super. Timing, Gefühl, Material – da passt alles.»
Die Doppel-Weltmeisterin selbst hängt die Trauben nicht zu hoch. Sie berichtet, dass sie unterwegs nicht immer das Gefühl hatte, optimal unterwegs zu sein. «Ich habe zwei komische Monate hinter mir und bin einfach froh, wieder auf diesem Level fahren zu können», blickt sie auf ihre 14-tägige Isolation nach positivem Corona-Test zurück. Dabei verpasste Gut-Behrami fünf Rennen. «Mir fehlt noch etwas der Rhythmus, zudem habe ich einige Kilo Muskeln verloren. Aber ich traue mir immer mehr zu, das hilft. Und es war schön, im Ziel wieder einmal Grün aufleuchten zu sehen.»
Gut-Behrami überholt Hanni Wenzel
34 Weltcupsiege hat Gut-Behrami nun auf dem Konto. Mit dem Erfolg in Zauchensee überholt sie Hanni Wenzel (Lie) und liegt in der ewigen Bestenliste auf Rang 9. Aber: Müssten es angesichts ihres riesigen Talents nicht mehr sein? Maier: «Als ich Lara das erste Mal getroffen habe, war sie erste 17 Jahre alt. Sie wurde als absolutes Wunderkind gefeiert. Es hiess, sie werde – so wie es Shiffrin tut – alle Rekorde brechen. Aber eine Karriere verläuft nicht immer linear nach oben.»
Tatsächlich verletzte sich Gut-Behrami einige Male, dazu kamen Reibereien mit Verband, Trainern und Medien. Das alles kostete Energie. «Manchmal glaubt man, Dinge zu tun, die richtig sind – dann fehlt vielleicht der Weitblick. Das ist aber normal und dem Alter geschuldet», so Maier. Letztlich findet er, dass es Gut-Behrami in der Summe gut auf die Reihe bekommen habe.
Suter frustriert, Flury happy
Während Gut-Behrami glücklich ist, gilt das für ihre Teamkollegin Corinne Suter (Rang 7) nicht. Anders kann man es nicht deuten, dass sie den Zielraum wortlos verlässt. Fakt ist: Die Schwyzerin stürzt beim Hot-Air-Sprung beinahe und rettet sich gekonnt über den Innenski. Zufriedener sind Jasmine Flury mit Rang 9 («Die Körpersprache war viel besser als früher») und die 23-jährige Noémie Kolly, die als 14. ihr zweitbestes Karriere-Resultat einfährt.