Das Elternhaus von Ski-Ass Patrick Küng steht in Obstalden GL. Doch sein «Kinderzimmer» hatte der kleine Päde knapp drei Kilometer entfernt – in Mühlehorn am Ufer des Walensees. Denn dort steht die Garage, in der Küngs Vater Georg die acht Lastwagen seines Transportunternehmens parkiert. «Dort habe ich wirklich sehr viel Zeit verbracht. Entweder habe ich in der Werkstatt Putzarbeiten verrichtet, oder ich habe die Lastwagen umparkiert. Ich war knapp zehn Jahre alt, als ich erstmals selber einen LKW von der Garage auf den Parkplatz pilotiert habe.»
Im Winter 2006 nutzte Küng eine verletzungsbedingte Skipause, um die LKW-Prüfung zu machen. Seitdem führt er in seiner Freizeit für seinen Vater immer wieder Transporte mit dem Lastwagen durch. «Ich mach das sehr gerne, weil ich dabei auf andere Gedanken komme. Ich kann am Steuer wunderbar vom Rennsport abschalten.»
Die schweren Fahrzeuge haben es ihm aber auch sonst angetan. Eines Tages will er sich einen Trucker-Traum in Amerika erfüllen: «Ich würde gerne mit einem echten US-Truck von New York nach Los Angeles fahren. Es muss ein wunderbares Gefühl sein, wenn man mit einer derart imposanten Maschine die landschaftlich so schöne Strecke vom Osten in den Westen zurücklegen kann.»
Vorher will Küng im heutigen Super-G erst einmal seine erste WM-Medaille einfahren. An einem Ort, mit dem er höchst unterschiedliche Erinnerungen verbindet. Denn nachdem er im
Dezember 2013 im Super-G von Beaver Creek seinen ersten Weltcupsieg hatte feiern können, gabs bei der WM-Hauptprobe vor einem Jahr einen herben Rückschlag: zwei Ausfälle in der Abfahrt und im Super-G und daraufhin ein wochenlanges mentales Tief. Swiss-Ski-Abfahrtschef Sepp Brunner: «Nach diesen Nullern hat Patrick sein Selbstvertrauen verloren.»
Doch seit der LauberhornAbfahrt vor drei Wochen zeigt Küngs Formkurve wieder ganz steil nach oben. «Obwohl ich in Wengen kein besonders gutes Rennen gezeigt habe, hat es dort für den vierten Rang gereicht. Durch diese Erkenntnis habe ich wieder viel Selbstvertrauen
tanken können.»
Auch deshalb war er bei den letzten Weltcuprennen in Kitzbühel in der Abfahrt wie im Super-G der beste Schweizer. Und Coach Brunner schwärmt von den letzten Trainings auf dem aggressiven Schnee in Vail: «Patrick hat in der Super-G-Einheit einen bestechenden Eindruck hinterlassen. Wenn er diese Leistung im Rennen umsetzt, ist er ein ganz heisser Medaillenanwärter. Anders ausgedrückt: Wenn er cool bleibt, wird alles gut!»
Und echte US-Trucker wie Küng sind ja bekanntlich
besonders coole Typen.