Loïc Meillard (28) beantwortet in Wengen BE unzählige Fragen von Journalisten – blitzschnell. Doch im letzten Interview gerät er ins Stocken. Der Reporter will wissen, wann der letzte Schweizer den Lauberhorn-Slalom gewonnen hat. Der Riesenslalom-Vize-Weltmeister von 2023 runzelt die Stirn und gesteht nach rund zehn Sekunden: «Da habe ich wirklich keine Ahnung.» Die richtige Antwort: Am 18. Januar 1987, der Gewinner hiess Joël Gaspoz (heute 62 Jahre alt).
Meillard hat das Licht der Welt erst neun Jahre später erblickt. Heute hat der geniale Techniker, der wie Gaspoz im Unterwallis gross geworden ist, die grössten Chancen, den Schweizer Slalom-Fluch am Lauberhorn zu brechen. Vor zwei Jahren musste sich Meillard auf diesem Hang lediglich dem Norweger Henrik Kristoffersen (30) geschlagen geben. In diesem Winter ist der Modellathlet aus Hérémence VS aber noch besser in Form: In sechs Slaloms schaffte er viermal den Sprung aufs Podest.
Und obwohl Meillard am vergangenen Wochenende am Chuenisbärgli nach einem klassischen Einfädler ausgeschieden ist, glaubt Deutschlands Skipapst Felix Neureuther (40), «dass Loïc dadurch in Wengen nur noch gefährlicher wird, weil derart begnadete Skifahrer nach einem Ausfall eine ganz besondere Reaktion zeigen wollen. Ich gehe davon aus, dass der Wengen-Sieg diesmal über Meillard und die Norweger Kristoffersen, McGrath und Haugan führen wird.»
Sykoras Aussenseiter-Tipp
Österreichs Slalom-Altmeister Thomas Sykora (56, neun Weltcupsiege) beobachtet die Entwicklung des Schweizer Slalom-Teams kritisch: «Die Schweizer sind in der Breite längst nicht mehr so stark wie in den letzten Jahren. Klar, Meillard fährt richtig stark, aber dahinter klafft ein Loch. Einem Daniel Yule traue ich eine Topplatzierung nur dann zu, wenn die Piste komplett vereist ist. Und das wird in Wengen wahrscheinlich nicht der Fall sein.»
Dann packt Sykora aber doch noch einen Schweizer Aussenseiter-Tipp aus: «Tanguy Nef ist in den letzten Rennen nicht allzu viel Risiko gegangen, er war darauf fokussiert, dass er sich mit regelmässigen Platzierungen in den Weltcuppunkten in der Startliste verbessert. Ich bin mir aber ganz sicher, dass Nef den Speed besitzt, um mit den Allerbesten mithalten zu können. Vielleicht kann er sich ja vor seinem Heimpublikum dazu überwinden, voll ans Limit zu gehen.»
In Adelboden BE hat der Genfer mit dem achten Rang sein zweitbestes Saisonergebnis eingefahren. In Levi (Fi) war der 28-Jährige Fünfter.