Das «Beaver Creek» in Rothenthurm ist Martin Grabs Stammlokal. Im Restaurant seines Onkels Armin, der es als Skirennfahrer bis ins Schweizer C-Kader brachte, feierte der «Märtel» 2006 nach dem Unspunnen-Sieg die schönste Party seiner Karriere. Doch gestern Vormittag ist die Stimmung hier gedrückt. «Auf diese schlechte Nachricht brauche ich einen kräftigen Schluck Bier», offenbart ein Büezer aus dem Muotathal, nachdem er in der heimeligen Gartenwirtschaft die Titelseite des BLICK mit dem Rothenthurmer Doping-Schocker gelesen hat.
Sein Tischnachbar packt zu diesem Thema eine besondere Theorie aus: «Sehr wahrscheinlich hatte der Märtel nach seinen vielen Knieverletzungen so starke Schmerzen, dass er diese Beschwerden in Wettkämpfen nur noch mit Medikamenten unterdrücken konnte, die auf der Dopingliste stehen. Und dafür hätte ich Verständnis!»
Ähnlich verständnisvoll fallen die Reaktionen in der Metzgerei Schuler im Dorfzentrum aus. Hier steht Monika Schuler hinter der Fleisch- und Wursttheke. Sie ist die Mutter von Schwägalp- und Innerschweizer-Sieger Christian. Und ihr Gatte Franz, der 1985 am Schwarzsee triumphierte, ist Grabs sportlicher Ziehvater. «Der Martin hat in seiner Kindheit sehr viel Leid ertragen müssen», seufzt Monika.
«Zuerst hat er seinen Vater bei einem Autounfall verloren. Kurz darauf ist auch noch sein Onkel nach einer Kollision mit einem Zug auf einem unbewachten Bahnübergang ums Leben gekommen. Deshalb hat sich mein Mann im Schwingkeller besonders intensiv um Martin gekümmert. Und selbstverständlich stehen wir auch jetzt hinter ihm, zumal er den Namen unserer Gemeinde in der ganzen Schweiz bekannt gemacht hat.»
Seit ein paar Jahren ist Rothenthurm aber auch wegen Martin Horat, dem berühmtesten Muotathaler Wetterschmöcker, bekannt. Der 74-Jährige vertreibt in der 2145-Einwohner-Gemeinde landwirtschaftliche Artikel wie Sensen oder Mistgabeln, Grab gehört als Halter von Ziegen zu Horats Kunden. «Ich kenne den Märtel sehr gut, er ist wirklich ein sehr aufrichtiger Mensch. Darum kann ich mir nicht vorstellen, dass er wissentlich etwas Verbotenes geschluckt hat. Ich glaube, er ist er Opfer einer Medikamenten-Verwechslung.»
Der gebürtige Zürcher Otto Gubelmann hegt von seinem Sihlsee-Schiff aus einen ganz anderen Verdacht: «Als erfolgreicher Schwinger hat Martin Grab viele Neider. Deshalb glaube ich, dass ihm die verbotene Substanz von irgendjemandem in ein Getränk gemischt wurde. Ich kann es mir nicht anders vorstellen, weil Doping nicht in Grabs Lebensphilosophie passt.»
Und deshalb betont Gubelmanns Frau Susanna: «Ich werde auch in Zukunft Mitglied im Martin-Grab-Fanclub bleiben.»