Wenn der Mann als Landwirt nicht glücklich wäre, er könnte sich glatt als PR-Profi verdingen. Wo sich manche Sportartikel-Ausrüster für ihre Stars alle paar Monate etwas Neues einfallen lassen, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht, hat Schwinger Philipp Reusser (26) den Dreh schon lange raus: Sein Outfit setzt einen ganz eigenen Farbtupfer. Der Berner Schwinger tritt im violetten Hemd ins Sägemehl.
Dabei war das alles gar nicht so geplant. «Ich habe immer in einem leichteren Sommerhemd geschwungen, weil mir die Edelweiss-Hemden zu heiss waren», sagt Reusser. «Das hatte bereits einen leichten Farbton in diese Richtung.» Mit dem leichten Farbton war es dann vorbei, als Reussers Schwägerin das Kleidungsstück beim Waschen verfärbte. «Sie hat es noch nachzufärben versucht, aber dadurch wurde es komplett violett.»
«Du bist ja der mit dem violetten Hemd»
Irgendwie passte es, Reusser zog sich fortan das violette Hemd über. Und er bleibt dabei, obwohl er das Originalhemd schon lange nicht mehr hat. Darum gibt es nur eins: Selber nachfärben.
Dumme Sprüche höre er im traditionsbewussten Schwingsport deswegen nicht, sagt der Eidgenosse. «Es ist eher so, dass mich manche dadurch leichter erkennen. 'Du bist ja der mit dem violetten Hemd', heisst es dann.» Das dürfte ein bisschen tiefgestapelt sein. Allerspätestens seit seinem Sieg auf dem Brünig im letzten Jahr hat ihn die Konkurrenz auf dem Schirm.
Auch die Geschichte seines Brünig-Siegs ist nicht schlecht. Kurz vor dem Schlussgang war er bereits in der Massage gewesen und auf dem Weg in Richtung Dusche, als ihn Christian Stucki stoppte. «Er hat mir gesagt, dass ich bei einem Gestellten im Schlussgang zwischen Bernhard Kämpf und Kilian Wenger auf Platz 1 landen kann. Das war mir überhaupt nicht klar.» Tatsächlich: Wenger und Kämpf stellten – und Stucki und Reusser kletterten nach ganz oben.
«Ich war zuerst geschockt»
So hiess es für Reusser Siegerehrung statt Dusche. «Ich war zuerst geschockt», sagt er. «Aber natürlich war die Freude riesig. Ich hatte ja so schon ein starkes Fest gezeigt. Dass es dann gar zum Sieg reicht, ist umso schöner.»
Dieses Jahr will der Mann aus Aeschlen bei Oberdiessbach noch einmal einen Schritt machen. «Aber die anderen schlafen nicht», hat er bereits am Mittelländischen festgestellt. «Die haben im Winter Gas gegeben.»
Wie Reusser selber auch. Beim Training in Sölden fuhr der Berner vor ein paar Wochen seinen Schwingerkollegen um Remo Käser auf der Mountainbike-Bergetappe davon. Obs daran liegt, dass Reusser mit seinen 90 Kilo einer der leichteren im Feld ist? «Vielleicht», sagt dieser und lacht. «Ist ja schön, wenn sich die anderen so trösten können.»
Was er im Sägemehl draufhat, zeigt Reusser am Sonntag am Emmentalischen. Da bekommt er zum Start gleich einen Brocken vorgesetzt: Curdin Orlik, beim Mittelländischen vor einer Woche im Schlussgang, steht ihm im ersten Gang gegenüber.
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Spitzenpaarungen
Emmentalisches:
Christian Stucki – Remo Käser
Kilian Wenger – Matthias Aeschbacher
Thomas Sempach – Remo Stalder
Curdin Orlik – Philipp Reusser
Willy Graber – Michael Moser
Matthias Siegenthaler – Philipp Roth
Simon Anderegg – Christian Gerber
Patrick Schenk – Ruedi Roschi
Damian Gehrig – Kilian von Weissenfluh
Ob- und Nidwaldner:
Marcel Mathis – Christian Schuler
Benji von Ah Benji – Sven Schurtenberger
Philipp Gloggner – Alex Schuler
Mike Müllestein – Erich Fankhauser
Andi Imhof – Reto Nötzli
Mike Peng – Lutz Scheuber
Marcel Bieri – Reto Gloggner
Martin Zimmermann – Remo