Urs Abderhalden hatte einen ähnlichen Unfall wie Matthias Glarner
«Dank dem Schwingen habe ich überlebt»

Der Unfall von Matthias Glarner bewegt die Schweiz. Urs Abderhalden fühlt besonders mit. Der eidgenössische Kranzschwinger stürzte vor neun Jahren zehn Meter in die Tiefe!
Publiziert: 02.07.2017 um 00:20 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 06:57 Uhr
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Urs Abderhalden ist vor neun Jahren zehn Meter in die Tiefe gestürzt.
Foto: Urs Lindt/freshfocus
Felix Bingesser

Das Schwingen wurde den Abderhalden-Kindern in die Wiege gelegt. Schwinger­könig Jörg Abderhalden, Beat Abderhalden und Urs Abderhalden gehörten viele Jahre zu den ganz Bösen im Land. Urs, der Jüngste aus der Schwinger-Dynastie, gewann 2013 in Burgdorf den eidgenössischen Kranz. Und trat ein Jahr später zurück.

Und Urs Abderhalden erlebte vor neun Jahren einen Schicksalsschlag, der ihn diese Woche nochmals durchgeschüttelt hat. Als er die Nachricht vom fürchterlichen Gondel-Sturz von Schwingerkönig Matthias Glarner vernahm, lief bei ihm sein ganz persönlicher Horrorfilm nochmals ab. «Natürlich galt mein erster Gedanke der Gesundheit von Matthias. Aber danach ist mir sofort mein eigenes Schicksal wieder durch den Kopf geschwirrt», sagt Abderhalden.

Nur leichte Verletzungen

Passiert ist es 2008. Der damals 23-jährige Schreiner ist zusammen mit Bruder Beat auf Montage in Indien. Bei diesem dreiwöchigen Auslandeinsatz montieren sie Platten für eine neue Grosshalle. «Plötzlich brach eine dieser Platten, und ich stürzte zehn Meter in die Tiefe», schildert Abderhalden den fatalen Moment. Zehn Meter in die Tiefe im freien Fall auf einen Betonboden.

Ein Sturz, wie ihn nun auch Matthias Glarner erlebt hat. Und wie Glarner hat auch Abderhalden riesiges Glück im Unglück. Auch ihm wird ein zweites Leben geschenkt. Weit mehr noch: Seine Verletzungen sind angesichts dieses Sturzes unglaublich leicht.

Ein Riss des Trommelfells, eine eher leichte Hirnerschütterung und viele Prellungen. Das wars. Abderhalden wird damals mit einem PW und ohne ärztliche Versorgung auf holprigen indischen Strassen ins Spital überführt.

«Lernen von klein weg, wie man fällt»

Urs Abderhalden ist heute zu hundert Prozent überzeugt davon, dass er sein zweites Leben dem Schwingen zu verdanken hat. «Wenn ich nicht Schwinger gewesen wäre, dann wäre ich wohl nicht mehr am Leben oder könnte nicht mehr gehen», sagt er.

Und sieht da Parallelen zum Unfall von Glarner. «Wir lernen von klein weg, wie man fällt, ohne sich zu verletzen. Auch ich habe damals instinktiv richtig reagiert und habe versucht, mich über die Seite abzurollen. Dabei bin ich einzig seitlich mit dem Kopf aufgeschlagen», sagt Abderhalden.

Enorme Kräfte auch beim Schwingen

Seine Beweglichkeit, seine Muskulatur und sein Instinkt haben Schlimmes verhindert. «Wir Schwinger üben das richtige Umfallen in jedem Training», sagt Abderhalden. Auch beim Schwingen entstehen enorme Kräfte, wenn zwei 120-Kilo-Brocken gemeinsam durch die Luft fliegen. «Da muss man richtig fallen, um sich nicht zu verletzen», so Abderhalden.

Er habe sich sogar schon überlegt, «ob es nicht besser war, dass ich aus zehn und nicht aus nur vier Metern auf den Boden prallte. Denn so hatte ich mehr Zeit zum Reagieren.»

«Traumatisches Erlebnis» 

Auch Abderhalden bangt in diesen Tagen mit Schwingerkönig Matthias Glarner und ist froh, dass auch sein Schwingerkollege verhältnismässig glimpflich davongekommen ist. Weil auch er über eine ausgeprägte Nacken- und Rumpfmuskulatur verfügt. Und auch sein Körper wohl instinktiv richtig reagiert hat. «Ich habe dieses traumatische Erlebnis auch mental verarbeitet. Und das wird auch Matthias Glarner gelingen. Auch in dieser Beziehung hilft der Spitzensport.»

Urs Abderhalden und Matthias Glarner verbindet nun ein gemeinsames Schicksalserlebnis. Auf dem Schwingplatz standen sie sich nur einmal gegenüber. 2013 beim Eidgenössischen in Burgdorf. Damals gewann Glarner gegen den mittlerweile zweifachen Familienvater Abderhalden.

Aber eigentlich sind beide Sieger. 

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