Es gibt Schwinger, die den Fussball immer wieder ins Lächerliche ziehen wollen. Der vom zweifachen König Ernst Schläpfer geprägte Spruch «Buben spielen Fussball, Männer schwingen» hängt in etlichen Schwingergarderoben.
Der amtierende König Matthias Glarner hat als Bub tatsächlich Fussball gespielt. Bis zum 15. Lebensjahr hat er das Tor des SV Meiringen gehütet. Obwohl er sich danach für eine Laufbahn im Sägemehl entschied, ist der Berner Oberländer im Gegensatz zu ein paar «bösen» Kollegen ein grosser Fussballfreund geblieben – was auch auf seine engsten Vertrauten zurückzuführen ist.
Glarners Herzdame Claudia arbeitet beim Schweizerischen Fussballverband, seine Schwester Katrin hat mit der U17-Nati ein paar Länderspiele absolviert, seine Mutter in der NLA für Rot-Schwarz Thun gespielt. Und sein jüngerer Bruder Stefan verdient sein Geld als rechter Aussenverteidiger beim FC Thun. In 242 Super-League-Spielen hat er fünf Tore erzielt.
Seitenhieb von Matthias
In jungen Jahren haben «Stifel» und «Mätthel» oft davon geträumt, dass sie eines Tages gemeinsam in einer grossen Arena auflaufen können. Jetzt stehen die Glarner-Brüder gemeinsam auf dem Kunstrasen der Thuner Stockhorn Arena. Der 78 Kilo leichte Aussenflitzer bittet seinen 118 Kilo schweren Big Brother zum Schusstraining. Dieser kann sich einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen, während er beobachtet, wie elf FCT-Spieler ein Torgehäuse über den Platz schleppen: «Zwei Schwinger würden für die Verschiebung dieses Tors genügen. Die Fussballer benötigen für denselben Kraftakt eine ganze Mannschaft ...»
Nun kann der beste Schwinger des letzten Eidgenössischen beweisen, wie stark er zwischen den Pfosten wirklich ist. Stefan zirkelt zum Aufwärmen aus rund 25 Metern ein paar Bälle aufs Tor, die Matthias ohne Probleme hält. Der König ist begeistert von den Handschuhen, die ihm Thuns Nummer 1, Guillaume Faivre, geliehen hat. «Die Entwicklung der Goalie-Handschuhe ist grossartig. Dank dem neuesten Material bleiben die Bälle ja regelrecht an den Händen kleben. Zu meiner Aktivzeit musste ich die Handschuhe noch mit einem Leimstift bearbeiten.»
Stefan beginnt nun, aus der Distanz so scharf zu schiessen, dass die neuesten Handschuhe allein nichts mehr nützen. Der Mann mit 115 Kränzen auf dem Konto muss jetzt seine stärksten Reflexe auspacken, und das gelingt ihm zum Erstaunen des Profi-Fussballers immer wieder. Nachdem Matthias einen aus 22 Metern abgefeuerten Schuss aus der unteren rechten Ecke kratzt, gerät Stefan ins Schwärmen: «Du bist auf der Linie wirklich viel beweglicher und spritziger, als ich geglaubt habe – Respekt!»
Motivations-SMS von Stefan
Es war ein grosser Däne, welcher den Eidgenossen in seiner Ausbildung zum Torwart inspiriert hat. «Peter Schmeichel von Manchester United war mein Vorbild», erzählt «King Glarner». In seiner Zeit als C-Junior konnte sich der «Haslital-Schmeichel» gar gegen einen Buben auszeichnen, der heute für den FC Basel und die serbische Nationalmannschaft Akzente setzt: «Als ich mit Meiringen gegen den FC Dürrenast angetreten bin, habe ich gegen Zdravko Kuzmanovic gespielt. Mein Cousin Simon Anderegg war damals unser Abwehrchef. An das genaue Ergebnis kann ich mich zwar nicht mehr erinnern, aber ich weiss, dass wir uns ganz passabel angestellt haben.»
Zurück zum gegenwärtigen Bruderduell: Stefan platziert den Ball knapp ausserhalb des Strafraums und kündigt an, «dass ich von dieser Position aus drei richtig ernst gemeinte Schüsse abgeben werde». Matthias kontert keck: «Ich will mindestens zwei von deinen drei Versuchen abwehren. Wenn mir das nicht gelingt, werde ich zur Strafe bei dir zu Hause den Rasen mähen.»
Stefan nimmts lächelnd zur Kenntnis und zieht dann dreimal gnadenlos mit seinem rechten Fuss ab. Matthias hat jedes Mal das Nachsehen. Stefan gibt ihm aber noch einmal drei Chancen. Und diesmal wächst der 186-Zentimeter-Mann tatsächlich über sich hinaus: Nachdem der erste am rechten Pfosten und der zweite im Tor landet, lenkt «Matt the cat» den dritten Ball in mirakulöser Manier um den linken Pfosten.
Die Glarner Brothers beenden ihre Trainingseinheit quasi mit einem Gestellten. Während dem Abmarsch aus der Stockhorn Arena hält Glarner fest, dass er im Herbst 2015 die Grundlage für die Eroberung des Schwinger-Throns im Fussballtraining gelegt hat: «Weil mir das klassische Lauftraining damals zu monoton geworden ist, habe ich mich beim Thuner Quartierklub Dürrenast angemeldet. Damit ich möglichst viel mit dem Ball rennen konnte, habe ich die Rolle des Flügelstürmers gespielt. Und um noch mehr ins Schwitzen zu kommen, bin ich bei den Fünf-gegen-zwei-Übungen immer freiwillig in der Mitte geblieben. Das hat mir extrem gutgetan.»
Genau wie die Nachricht, die Matthias kurz vor dem Eidgenössischen-Schlussgang in Estavayer vom Bruder erhalten hat: «Der Inhalt des SMS, das ich damals von Stufi erhalten habe, bleibt unter uns beiden. Aber ich kann versichern, dass mich diese Nachricht um ein paar Prozent stärker gemacht hat.»
Und deshalb wird Stefan Glarner auch vor dem Anschwingen in Zug eine spezielle Nachricht an die Adresse seines grossen Bruders versenden.
Geboren: 19. Dezember 1985
Wohnort: Heimberg bei Thun BE
Zivilstand: Ledig
Grösse/Gewicht: 186 cm / 118 kg
Schwingklub: Meiringen
Kranzfestsiege: 14
Kränze: 115
Bilanz Eidgenössisches: 2016 König, 2013 6 (Kranz), 2010 7f (Kranz), 2007 4c (Kranz), 2004 14g
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Vom 26. bis 28. August dominieren Kolosse, Sägemehl und Zwilchhosen die Schweiz – das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2022 in Pratteln steht an. Hier findest Du alles, was Du über den Mega-Event wissen müssen.
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